Seit Beginn dieser Spielzeit wird im Bau am Gustaf-Gründgens-Platz wieder gespielt. Die Mannschaft um Intendant Wilfried Schultz, die 2016 mit der Hiobsbotschaft der Sanierung angetreten ist, ist nun offiziell wieder in ihr Stammhaus zurückgekehrt. Das klingt allerdings besser, als es ist. Fast 20 Millionen wird die Dach- und Fassadensanierung sowie in Erneuerung des Foyerbereichs am Ende wohl kosten – zuzüglich Selbstbeteiligung williger Bürger. Wie so oft bei öffentlichen Bauprojekten hinkt die Realisierung der Planung weit hinterher. Kassenbereich und Foyer ähneln derzeit noch eher einem Rohbau mit herunterhängenden Leitungen als dem frisch herausgeputzten Flaggschiff der Theaterlandschaft in der Landeshauptstadt, das im Januar offiziell wiedereröffnet werden soll.
Am 16. Januar 1970 wurde das imposant geschwungene Schauspielhaus des Architekten Bernhard Pfau mit der Premiere von „Dantons Tod“ eröffnet. Lange vor den dekonstruktivistischen fließenden Entwürfen einer gewissen Zaha Hadid überraschte der Bau mit einer organischen Form, die sich mit einer terrassenartigen Höhenstaffelung verbindet. Der dadurch erreichte flächige Schwung kontrastiert auf faszinierende Weise mit dem benachbarten Drei-Scheiben-Hochhaus vom Architekturbüro Hentrich Petschnigg & Partner.
Exakt 50 Jahre später feiert das Düsseldorfer Schauspielhaus nun sein Jubiläum – auch wenn es nicht nur im Innern des Schauspielhauses, sondern auch am Gustaf-Gründgens-Platz noch aussieht wie bei Hempels unterm Sofa – was nicht zuletzt am Bau des Kö-Bogens II liegt. Um 18 Uhr findet zunächst ein Festakt statt, zu dem Ministerpräsident Armin Laschet erwartet wird. 90 Minuten später geht dann der Vorhang über der Jubiläumspremiere hoch. Dabei hat man sich dann doch eine kleine Freiheit gegenüber der Tradition erlaubt. Nicht Büchner steht auf dem Spielplan, sondern Brechts „Das Leben des Galilei“. Der Unterschied ist auch ein politischer. Während 1970 Büchners „Dantons Tod“ sich noch kritisch auf die Studentenrevolution beziehen ließ, entstand Brechts Klassiker 1939. Er schildert darin die Auseinandersetzung des Wissenschaftlers mit der Macht der Kirche, die schließlich zum Widerruf Galileis führt. Man muss braucht nicht viel Spürsinn, um den aktuellen Bezug zu verstehen.
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