choices: Herr Roth, wie läuft es sich im Grüngürtel?
Dr. Ralf Roth: Prinzipiell gut. Eine abwechslungsreiche Wegebeschaffenheit und der Wechsel von Freiflächen, bewaldeten Arealen und Wasserflächen bieten eine ansprechende Kulisse für Läufer. Zudem sind Zugänge zum Grüngürtel, Parkmöglichkeiten und Einkehrmöglichkeiten in ausreichender Zahl vorhanden. Dies alles prädestiniert den Grüngürtel als urbanes Naherholungsgebiet. Ich sehe jedoch auch einen infrastrukturellen Nachholbedarf.
Wie wichtig ist das Grün für Freizeitaktivitäten?
Naturerleben ist heutzutage ein elementarer Bestandteil der Freizeitgestaltung. Bewegung im Grünen macht Spaß, ist gesund, festigt soziale Kontakte und entspannt vom Alltag im Büro. Dort können Tiere, Pflanzen, Jahreszeiten und Witterung erlebt werden, was in der Stadt sonst kaum noch möglich ist. Nordic Walker geben z. B. an, dass „Naturerleben“ nach der Verbesserung der Fitness ihr zweitwichtigstes Motiv ist. Spannend sind auch Trends wie das Slacklinen (Trendsportart ähnlich dem Seiltanzen in geringer Höhe, Anm. d. Red.), das in Kölner Grünanlagen momentan noch untersagt ist.
Gibt es zwischen Freizeitsportlern, Erholungsuchenden oder Besuchern von Kultur- und Sportevents auch Nutzungskonflikte?
Der Grüngürtel steht wie alle kommunalen Bewegungsräume in einem Spannungsfeld zwischen den verschiedenen Gruppen mit ihren unterschiedlichen Ansprüchen an Wegbeschaffenheit, Wegbreite, Mobiliar etc. Vor allem die unterschiedlichen Tempi der Jogger, Nordic Walker, Radfahrer oder Spaziergänger bergen Konfliktpotentiale. Spaziergänger möchten sich unterhalten und gehen nebeneinander, Radfahrer sind flott unterwegs und müssen diese Gruppen umfahren.
Kann die Nutzung des Sportparks Müngersdorf mitten im Grüngürtel ökologischer werden?
Ein optimal abgestimmtes ÖPNV-Angebot mit Zugängen zu allen Sportmöglichkeiten und ein schneller An- und Abtransport der Zuschauer bei Sportgroßveranstaltungen wären mit Sicherheit Möglichkeiten, den Sportpark Müngersdorf ökologischer zu gestalten. Auch im Sportpark gilt: Lenkung fördert Ökologie.
Und Ihre Vision für ein grünes Köln?
Das bereits vorhandene Wegenetz infrastrukturell optimieren, und wir hätten mit dem Grüngürtel einen wunderbaren urbanen Bewegungsraum für die Sportstadt Köln. Vor allem ausgewiesene Lauf-Rundstrecken und Nordic Walking-Rundkurse mit gut zu erreichenden Ausgangs- und Zielpunkten und ein ansprechendes Naturmobiliar wären hierfür vonnöten. Dabei sollte man an neuralgischen Punkten eine Mehrfachnutzung vermeiden. Ich kann mir auch sehr gut weitere Attraktionen vorstellen. Z. B. eine Finnbahn, die Wiederbelebung des Trimm-Dich-Gedankens oder die Einführung webbasierter Trainingssysteme.
ZUR PERSON
Dr. rer. nat. Ralf Roth ist Professor an der Sporthochschule Köln und Leiter des Instituts für Natursport und Ökologie. Mehr unter: www.dshs-koeln.de/natursport
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