Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
25 26 27 28 29 30 31
1 2 3 4 5 6 7

12.554 Beiträge zu
3.784 Filmen im Forum

Foto: Thilo Beu

Macht und Magie

02. Januar 2023

„Der Sturm“ am Theater Bonn – Theater am Rhein 01/23

Das geht gut los: Luftgeist Ariel (Christoph Gummert) mimt vorm Vorhang den harmlosen Schwadroneur, doch dahinter rumpelt es hörbar. Und dann sieht man das Desaster: Blitze, ein strandendes Schiff, riesige Wellen (Bühne: Matthias Werner) – das Werk von Prosperos agent provocateur Ariel.

Das Schauspiel Bonn spielt Shakespeares „Der Sturm“ als Familienstück, in einer auf 105 Minuten eingekochten Fassung – und Regisseur Jan Neumann lässt es zu Beginn kräftig krachen. Dann aber klappt die ganze Deko wie ein Buchdeckel zu und die Darsteller:innen agieren fortan auf einem dicken Folianten. Prospero (etwas blass: Cornelius Schwalm) tritt mit Buch und Zauberstab auf, gibt ein paar magische Kostproben und verkuppelt ohne viel Federlesens seine Tochter Miranda (Lena Geyer) mit dem gerade gestrandeten Ferdinand (Alois Reinhardt). Liebe auf Befehl, aber die beiden tapsig-bebrillten Infanten finden ziemlich schnell Gefallen aneinander – mehr als dem Vater lieb ist.

Prospero hat mit dem Sturm seinen Bruder Antonio (düster-nörgelnd: Bernd Braun), der ihn vor Jahren als Herzog abgesetzt hat, Königin Alonsa (Lydia Stäubli) samt Sohn Ferdinand in seine Gewalt gebracht. Das feudale Duo irrt etwas unmotiviert über Prosperos Insel, auch weil Antonios geplanter Mordanschlag auf Alonsa gestrichen wurden. Gelungen dagegen ist das starke Freiheitsbegehren von Caliban (wild-zerzaust: Annika Schilling), der von Prospero als Sklaven gehalten wird, und von Ariel, der wiederum die berühmte Gleichheitsutopie des Stücks vorträgt. Es bleibt Vieles auf der Strecke, auch die Bühnentricks werden allmählich rar, und doch bleibt dieser Familien-„Sturm“ ein lohnenswertes und unterhaltsames Unterfangen.

Der Sturm | Theater Bonn | 8.1.23 | 0228 77 80 08

Hans-Christoph Zimmermann

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Chantal im Märchenland

Lesen Sie dazu auch:

Wohin die Assoziationen führen
„Treibgut des Erinnerns“ in Bonn

Mörderische Gesellschaftsstruktur
Georg Büchners „Woyzeck“ am Bonner Schauspiel – Auftritt 01/24

Geschlossene Gesellschaft
„Flight“ an der Oper Bonn – Oper in NRW 01/24

Der unfassbare Gott
Oper Bonn zeigt Arnold Schönbergs „Moses und Aron“ – Oper in NRW 12/23

„Ein interdisziplinäres großes Theaterhaus für die Stadt“
Die Dramaturgin Stawrula Panagiotaki übernimmt die Leitung der Studiobühne – Premiere 11/23

Nicht gerade familientauglich
„Frankenstein Junior“ an der Oper Bonn – Musical in NRW 10/23

Fluch der tragischen Rache
„Rigoletto“ an der Oper Bonn – Oper in NRW 10/23

Doktrin des American Dreams
„Von Mäusen und Menschen“ am Theater Bonn – Prolog 08/23

Kampf durch Klang
„Der singende Teufel“ ungekürzt an der Oper Bonn – Oper in NRW 05/23

Zäh fließt er dahin, der Rhein
Theater Bonn: „blut wie fluss“ – Theater am Rhein 04/23

Die Reste unserer Existenz
„blut wie fluss“ am Theater Bonn – Prolog 03/23

Im Labor der Altbauwohnung
„Der Haken“ am Theater Bonn – Prolog 01/23

Theater am Rhein.

Hier erscheint die Aufforderung!