Das geht gut los: Luftgeist Ariel (Christoph Gummert) mimt vorm Vorhang den harmlosen Schwadroneur, doch dahinter rumpelt es hörbar. Und dann sieht man das Desaster: Blitze, ein strandendes Schiff, riesige Wellen (Bühne: Matthias Werner) – das Werk von Prosperos agent provocateur Ariel.
Das Schauspiel Bonn spielt Shakespeares „Der Sturm“ als Familienstück, in einer auf 105 Minuten eingekochten Fassung – und Regisseur Jan Neumann lässt es zu Beginn kräftig krachen. Dann aber klappt die ganze Deko wie ein Buchdeckel zu und die Darsteller:innen agieren fortan auf einem dicken Folianten. Prospero (etwas blass: Cornelius Schwalm) tritt mit Buch und Zauberstab auf, gibt ein paar magische Kostproben und verkuppelt ohne viel Federlesens seine Tochter Miranda (Lena Geyer) mit dem gerade gestrandeten Ferdinand (Alois Reinhardt). Liebe auf Befehl, aber die beiden tapsig-bebrillten Infanten finden ziemlich schnell Gefallen aneinander – mehr als dem Vater lieb ist.
Prospero hat mit dem Sturm seinen Bruder Antonio (düster-nörgelnd: Bernd Braun), der ihn vor Jahren als Herzog abgesetzt hat, Königin Alonsa (Lydia Stäubli) samt Sohn Ferdinand in seine Gewalt gebracht. Das feudale Duo irrt etwas unmotiviert über Prosperos Insel, auch weil Antonios geplanter Mordanschlag auf Alonsa gestrichen wurden. Gelungen dagegen ist das starke Freiheitsbegehren von Caliban (wild-zerzaust: Annika Schilling), der von Prospero als Sklaven gehalten wird, und von Ariel, der wiederum die berühmte Gleichheitsutopie des Stücks vorträgt. Es bleibt Vieles auf der Strecke, auch die Bühnentricks werden allmählich rar, und doch bleibt dieser Familien-„Sturm“ ein lohnenswertes und unterhaltsames Unterfangen.
Der Sturm | Theater Bonn | 8.1.23 | 0228 77 80 08
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