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Bringt sein siebtes Programm mit: Wilfried Schmickler
Foto: Ilona Klimek

Das Letzte steht oft am Anfang

25. Februar 2016

Schmickler und Ehnert schreiben Fernseh-Geschichte – Komikzentrum 03/16

Es ist tatsächlich „das Letzte“, was Wilfried Schmickler in seinem siebten Solo-Programm zum Besten gibt: Der Kölner Kabarettist stellt die letzten entscheidenden Fragen, die nach dem Was und Wo und Wer und Wie und Warum, nach dem Schöpfungsplan und dem Jüngsten Gericht, die nach der letzten Lesung des Apostels an die Leviten – und macht dabei eine erschreckende Entdeckung. Der Blick vom Himmel auf die Erde fördert sie zutage: Die Hölle hat viele Gesichter, nachdem sich der Teufel persönlich hier niedergelassen hat, so der „Mitternachtsspitzen“-Rausschmeißer. Und überhaupt: Die Satire müsse gar nichts. Wesentlich wichtiger sei es, die Wege der Waffenlieferanten in Krisengebiete nachzuvollziehen. Nur zum Beispiel.

Der Kleinkunst-Vagabund und Hymnen-Allergiker bringt es spielend fertig, die gleisnerischen Fassaden von Welthandel, Bankern, karrieregeilen Politikern und Neonazis vor dem geistigen Auge der Zuschauer einstürzen zu lassen und gleichzeitig als Stimmungs-Aufheller lustig schillernde Funken zu schlagen. Wer sich davon überzeugen will, hat dazu am 2., 3. und 4. März in der Comedia Gelegenheit.

An allen drei Abenden sollte man ein möglichst intelligentes Gesicht aufsetzen, weil sie vom Westdeutschen Rundfunk (WDR) aufgezeichnet werden: Die besten Nummern strahlt der Sender – inklusive Schwenks ins Publikum – an einem noch nicht feststehenden Termin aus. Auf dass auch der Couchpotato die Chance erhält, dem derzeit grassierenden Wahnsinn ins Antlitz zu blicken.

Anders als dem Kollegen Michael Ehnert wird einem der großzügigsten Vertreter seiner Zunft dafür gar eine Gage zuteil. Falls es sich noch nicht herumgesprochen hat: Der Hamburger Kabarettist, soll das Programm „Zweikampfhasen“, in dem er zusammen mit seiner Frau Jennifer auf der Bühne steht, dem Sender ohne einen müden Euro zur Verfügung stellen, schließlich sei die geplante Ausstrahlung ein Werbeeffekt und damit eine angemessene Vergütung, so die zynisch klingende Begründung.

Ehnert hat dem Intendanten Lutz Marmor daraufhin einen offenen Brief geschrieben, aus dem wir hier Ausschnitte zitieren:

„...wir Künstler bekommen mit der Ausstrahlung unseres Stückes im NDR zwar eine größere Aufmerksamkeit, aber auch der NDR bekommt durch uns Künstler eine Erweiterung seines Portfolios... Kunst wird aufgezeichnet und gesendet, aber nicht mehr bezahlt?! Das ist genau genommen Medienpiraterie. Der einzige Unterschied zum kriminellen Hacker, der sich unentgeltlich Filme oder Musik herunterlädt, ist, dass der NDR die Künstler nötigen möchte, eine Einverständniserklärung für diesen Kunstraub zu unterschreiben.

Das ist mit uns nicht machbar.

Die unentgeltliche Zurverfügungstellung künstlerischer Arbeit ist ein sehr großer Schritt in eine völlig falsche Richtung....

Wir haben die Form des Offenen Briefes an Sie gewählt, weil es hier nicht nur um unseren speziellen Einzelfall geht, um eine einzelne missglückte Kooperation im redaktionellen NDR-Tagesgeschäft, sondern um gängige Praxis in einer Vielzahl von Fällen....“


Wehret' den Anfängen, ließe sich dem hinzufügen – und: Schämen sich die Leute in der Redaktion eigentlich nicht in Grund und Boden?

Fragt sich mit besorgten Grüßen die Ihnen stets ergebene

ANNE NÜME

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