Ohne zottelige Zweitperücke geht nichts an diesem Abend. Rein in die Identität, raus aus der Identität. Zwei bis drei Rollen hat jeder Darsteller in Jan Neumanns Dramatisierung von Juli Zehs Roman „Unterleuten“ zu bewältigen. Und genauso sehen die Figuren im Bonner Theater dann auch aus. Lieblos hingekaspert, am Rande der Lächerlichkeit, ohne psychologische Substanz. „Unterleuten“ verhandelt das Hauen und Stechen in einem ostdeutschen Dorf, zwanzig Jahre nach der Wende. Nicht nur hat sich mit Konrad Meiler ein Wessi groß eingekauft, die alten Rivalitäten zwischen dem Ex-Parteikader Kron und dem früheren LPG-Chef Gombowski sind nicht vernarbt und kochen schnell wieder hoch; dazu kommen Großstadt-Ökos oder die Pferdeflüsterin Linda Franzen. Dramatisch wird es, als ein Windpark für den jeweiligen Grundbesitzer hohe Renditen verspricht.
Regisseur Jan Neumann verzichtet auf einen Erzähler und lässt die Figuren in direkter wie indirekter Rede sprechen – die ironische Selbstdistanz ist gewollter Effekt. Kron (Bernd Braun) kommt als verkniffener Haudegen des Sozialismus daher, sein Widersacher Gombrowski (TV-Star Max Moor) als sonorer Ex-Großgrundbesitzer und vermeintlicher LPG-Wohltäter. Um beide herum schwadroniert der Rest des achtköpfigen Ensembles als kalauernde Chargen. Das wird fatal unterstützt durch Dorothee Curios Bühnenbild: ein schäbiger Kneipenraum im Anna-Viebrock-Stil mit zwei kleinen Bühnen an den Stirnseiten, die kaum bespielt werden und wie Restbestände einer nicht aufgegangenen Konzeption wirken. Juli Zehs Roman mag ironische Züge haben, Jan Neumanns klischeehafter Zugriff nimmt den Figuren wie dem Konflikt jede Dringlichkeit. Das Gerangel um Baugrundstücke, der ökologische Schein-Idealismus, der mal kaschierte, mal unverstellte Eigennutz, die wütende Begleichung alter Rechnungen, die absurden Selbststilisierungen, der Stadt-Land-Gegensatz – all das sinkt zu lächerlichen Ost-West-Scharaden herab, die nur noch als Billigfutter fürs bürgerliche Zwerchfell dienen. Ein vertaner Abend.
„Unterleuten“ | R: Jan Neumann | 30.12., 6.1., 18.1. 19.30 Uhr | Theater Bonn | 0228 77 80 22
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