Carl-Philipp von Maldeghem hatte angekündigt, mit „leichtem Gepäck“ zu reisen. Man weiß nicht genau, was der Intendant des Salzburger Landestheaters auf seinem Rücken mitgebracht hätte, hätte er 2021 die Leitung des Schauspiel Köln angetreten. Man muss den Konjunktiv benutzen, denn von Maldeghem ist bereits nach einer Woche von seiner Berufung zurückgetreten. Dazwischen lag ein Trommelfeuer der Kritik, das sich zunächst auf das Berufungs-Verfahren, dann immer stärker auf die Person von Maldeghems richtete. Von „Drittklassigkeit“ war die Rede, von einer „Demütigung für Köln“, von einer „Wahl der Angst“ und vieles mehr. Es war eine Demontage erster Klasse – bis von Maldeghem selbst das Handtuch warf. Dass er Köln nun „Provinzialität“ vorhält, dürfte richtig sein. Auch wenn man von Maldeghem für die falsche Wahl hielt, der Umgang mit ihm war denkbar unwürdig. Wirkt Kölns Management der Bühnensanierung bereits abschreckend, so dürfte die Farce dieser Intendantenkür mögliche Kandidaten weiter abschrecken. Aber vielleicht standen und stehen die Kandidaten für den Posten ja gar nicht Schlange, wie man in Köln gern glauben machen will.
Nach von Maldeghems Rückzug wurde ihm öffentlich zu seiner Haltung auch noch gratuliert. Heuchelei muss sein. Als das Geschrei nach einer Findungskommission ohrenbetäubend wurde, hat sich Oberbürgermeisterin Henriette Reker zur einer Einberufung unter ihrer (theaterunkundigen) Leitung bereiterklärt – was Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach demütigt. Diese mag mit ihrer einsamen Entscheidung für von Maldeghem, zu der sie nur den früheren Geschäftsführer des Deutschen Bühnenvereins Rolf Bolwin hinzugezogen hat, falsch gelegen haben. Doch als vor Jahren ihr Vorgänger Georg Quander genauso einsam Karin Beier und dann Stefan Bachmann aus dem Hut zauberte, war die Begeisterung groß. Auch Laugwitz-Aulbachs Berufung von Yilmaz Dziewior als Chef des Museum Ludwig wurde begrüßt. Nun hat der amtierende Intendant des Schauspiels Stefan Bachmann, der vor etwas mehr als einem Jahr sein Ausscheiden zum Ende der Spielzeit 20/21 angekündigt hatte, eine Verlängerung seines Vertrages angeboten, was die Stadt aber rundheraus ablehnte. Hochmut kommt in Köln vor und nach dem Fall.
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