Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
22 23 24 25 26 27 28
29 30 1 2 3 4 5

12.558 Beiträge zu
3.787 Filmen im Forum

Angie Hiesl und Roland Kaiser
Foto: Roland Kaiser

Dem Tod auf der Spur

30. August 2022

Neues von Angie Hiesl und Roland Kaiser – Tanz in NRW 09/22

Gerade sind die beiden aus Göteborg zurück, dort hatten sie unter großer Anteilnahme der Bevölkerung ihre Performance „x-mal Mensch Stuhl“ realisiert. Senioren sitzen bei dieser Aktion auf Stühlen, die in luftiger Höhe an städtischen Fassaden angebracht sind. Seit 27 Jahren vermögen Angie Hiesl und Roland Kaiser die Menschen in Europa mit diesem Konzept zu faszinieren. In Köln war damals Premiere am Stadtmuseum, „aber inzwischen lebt von der Urbesetzung niemand mehr“ bemerkt Roland Kaiser. Im letzten Sommer zeigten die beiden im Rheinauhafen ihre Aktion „Unfassbar“, bei der zwei Tänzerinnen in einem verglasten Container gegen die Macht des Windes ankämpften. Gleich gegenüber hat das Duo im Rhenania seine Atelierräume. Derzeit steckt man in den Vorbereitungen für eine Performance-Reihe mit dem Titel „Aufgelöst“.

Dabei geht es um jene geheimnisvolle Beziehung, die wir zu den Gegenständen unseres Hausrats herstellen und durch die wir diesen erst Sinn und Zweck verleihen. „Wenn ein Mensch stirbt, dann bleibt sein Haushalt zurück und die Gegenstände sind der Person beraubt, die das alles mit ihrer Existenz einmal festgehalten hat“, erklärt Hiesl. Im September wird das Duo an drei Orten in Köln jeweils den Hausrat einer verstorbenen Person im öffentlichen Raum zeigen. In einer Soloperformance würdigt ein Akteur das jeweilige Konvolut, in dem er spontan auf der Straße neue Ordnungen herstellt. Dabei werden Sprache, Tanz, Klänge und viel Humor – der gehört bei ernsten Themen immer dazu – eine eigene Atmosphäre schaffen. Dem Blick des Publikums soll sich die Frage stellen, welche Person könnte zu diesen Gegenständen gehören. „Ist es ein Mann oder eine Frau?“ ergänzt Hiesl. Eine Mischung aus Lebenserfahrung und Vorurteilen könnte den Weg weisen.

Das Auflösen eines Haushalts konfrontiert mit der Realität des Todes. „Wie fragil ist unsere Existenz?“ fragt Kaiser. Ein Ansatz, der im gesellschaftlichen Diskurs nicht vorkommt, da der Tod immer noch das stärkste Tabu in einer vom Konsum beherrschten Welt darstellt. Hiesl und Kaiser wollen diesen Aspekt wieder wahrnehmbar machen, und nicht nur ihn. Ab diesem Herbst werden die beiden mit „Talk in Public“ politische Themen auf die Straße bringen, die nicht Gegenstand der Tagesaktualität sind. Mit Wissenschaftlern und Künstlern werden Debatten über philosophische, psychologische oder soziologische Ansätze zum Zustand unserer Gegenwart geführt.

Thomas Linden

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Civil War

Lesen Sie dazu auch:

Das Unsichtbare sichtbar machen
Choreographin Yoshie Shibahara ahnt das Ende nahen – Tanz in NRW 04/24

Queerer Gabelstapler
„Jungmann // Jungklaus“ in der Tanzfaktur

Tennismatch der Kühe
„Mata Dora“ in Köln und Bonn – Tanz in NRW 03/24

Kommt die Zeit der Uniformen?
Reut Shemesh zeigt politisch relevante Choreographien – Tanz in NRW 02/24

Emotionale Abivalenz
„Sohn meines Vaters“ in Köln – Theater am Rhein 01/24

Am Ende ist es Kunst
Mijin Kim bereichert Kölns Tanzszene – Tanz in NRW 01/24

Tanz auf Augenhöhe
„Chora“ in der Tanzfaktur – Tanz in NRW 12/23

Eine Sprache für Objekte
Bundesweites Festival Zeit für Zirkus 2023 – Tanz in NRW 11/23

Die Sprache der Bewegung
Die Comedia lockt das junge Publikum zum Tanz – Tanz in NRW 10/23

Überleben im männlichen Territorium
Festival Urbäng! 2023 im Orangerie Theater – Prolog 09/23

Kinshasa und Köln
„absence#4“ im Barnes Crossing – Tanz in NRW 09/23

Den Nerv der Zeit erkannt
Screen Dance Academy #3 in Wuppertal – Festival 08/23

Tanz.

Hier erscheint die Aufforderung!