Gute Club- und Disko-Kultur lebt vom Überschuss oder sich überlappenden und sich gegenseitig verstärkenden Räumen des Überschüssigen. Diese lassen sich nicht auf die Logik des Sexes, des Modischen, des Tanzes, der (musikalischen) Verwertung oder des Exzesses reduzieren. Reine Partnersuche, nur Fun oder nur gut aussehen, bloße Chartmusik oder reines Business, sportliches Tanzen oder alleiniger Alkohol- und Drogenexzess sind der Tod der Club-Kultur, und das vor allem, wenn sie in professionalisierten Kontexten auf Dauer gestellt, also nachhaltig sein soll.
Gute Clubs gehen unter, weil sich die Betreiber oder die Belegschaft mehr an der Überschussproduktion als am effizienten Abschöpfen beteiligen – so als gäbe es kein Morgen –, oder weil der quasi unregierbare Teil der zwischenzeitlich entstandenen Club-Szene dem Versprechen auf Glam oder dem nächsten Hype in andere Räume folgt. Bei dem, was fortlebt, herrscht ein auf Dauer gestelltes Arrangement zwischen geschäftstüchtigen Betreibern und vom Arbeitsleben und der zwangsheterosexuellen Familienplanung zurechtgestutzten Konsumenten hervor.
Fast schon staatstragend, so als wolle man den grünen New Green Deal direkt in die Clublandschaft übersetzen, haben sich besonders geschäftstüchtige Kulturtechnokraten 2011 zusammengefunden, um das Prinzip der Nachhaltigkeit nun auch den energieverschwenderischen Clubs und ihren Gästen einzubläuen. Hierfür errichteten sie, ganz so, wie es sich in einer Top-Down-Zivilgesellschaft gehört, eine Plattform, den Green Club Index, flankiert von der staatlichen EnergieAgentur.NRW, der Green Music Initiative und der c/o pop.
Auch Öko-Fun ist ein Stahlbad
Der Green Club Index verspricht enormes Einsparpotenzial. Gut für die Clubbetreiber, die scheinbar völlig vertrottelt Energie verbraten und bei Kühlung, Beleuchtung und Heizung enorme Kosten einsparen können sollen. Gut auch für den Rest der Welt, da so Tonnen von Treibhausgas reduziert werden können. Dufte Sache, so ein bisschen Energieeffizienz und Nachhaltigkeit! Und schon sechs Clubs sollen dem Pilotprojekt aus NRW beiwohnen. Der Nebeneffekt, über Kooperationen an industrielle und staatliche Investitionsprogramme und Fördertöpfe zu gelangen, dürfte jedem noch so verpeilten Clubbetreiber gefallen.
Von hier ist es dann auch nicht mehr weit, das fitnessgerechte Tanzen in rauchfreier Umgebung in Strom für LED-Lampen umzuwandeln, den Clubgängern Bio-Getränke, Safer Sex, Greener Music anzubieten, um auch im Club zu signalisieren, dass es allein die richtigen Entscheidungen der Konsumenten sind, die das große Ganze retten können. Aber auch Öko-Fun ist ein Stahlbad, und zwar gerade dort, wo ihm die letzten utopischen, am Kalkül vorbeizielenden Spitzen geraubt werden. Das Utopische zielt zwar, in welchen Mikrokosmen auch immer, stets aufs Ganze. Aber das Ganze will nicht gerettet, sondern durchgerockt und verändert werden.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.

Kölner Nächte sind lang
c/o pop: Neue Studie zur Kölner Pop- und Subkulturszene vorgestellt – Musik 09/16
Tanzen im Rauch der Nebelkerze
Umweltfreundliches Ausgehen verspricht der „Green Club Index“. Aber kann man gegen den Klimawandel antanzen? – THEMA 09/12 GREEN CLUBBING
„Clubber bringen natürliche Wärme mit“
Der Ingenieur Michael Müller berät Clubs in NRW beim Sparen von Energie – Thema 09/12 Green Clubbing
„Energiesparen ist zur Routine geworden“
Ricardo Costa vom Club Bahnhof Ehrenfeld über seine Teilnahme am Pilotprojekt „Green Club Index NRW“ – Thema 09/12 Green Clubbing
Am Anfang war das Watt
Green Clubbing ist bislang keine Erfolgsgeschichte – Thema 09/12 Green Clubbing
Konflikt-Kanzler
Intro – Friedenswissen
Herren des Krieges
Teil 1: Leitartikel – Warum Frieden eine Nebensache ist
„Besser fragen: Welche Defensivwaffen brauchen wir?“
Teil 1: Interview – Philosoph Olaf L. Müller über defensive Aufrüstung und gewaltfreien Widerstand
Politische Körper
Teil 1: Lokale Initiativen – Das Kölner Friedensbildungswerk setzt auf Ganzheitlichkeit
Streiken statt schießen
Teil 2: Leitartikel – Das im Kalten Krieg entwickelte Konzept der Sozialen Verteidigung ist aktueller denn je.
„Als könne man sich nur mit Waffen erfolgreich verteidigen“
Teil 2: Interview – Der Ko-Vorsitzende des Bundes für Soziale Verteidigung über waffenlosen Widerstand
Widerstand ohne Waffen
Teil 2: Lokale Initiativen – Die Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen und ihr Landesverband NRW
Unser höchstes Gut
Teil 3: Leitartikel – Von Kindheit an: besser friedensfähig als kriegstüchtig
„Das ist viel kollektives Erbe, das unfriedlich ist“
Teil 3: Interview – Johanniter-Integrationsberaterin Jana Goldberg über Erziehung zum Frieden
Platz für mehrere Wirklichkeiten
Teil 3: Lokale Initiativen – Kamera und Konflikt: Friedensarbeit im Medienprojekt Wuppertal
Kinder verkünden Frieden
Das Projekt „Education for a Culture of Peace“ – Europa-Vorbild: Zypern
Brauerheer statt Bundeswehr
Wie ein Biertornado die Gewaltspirale aus dem Takt wirft – Glosse
Kulturschock
Intro – Kunst & Kultur
Inspiration für alle
Teil 1: Leitartikel – Wer Kunst und Kultur beschneidet, raubt der Gesellschaft entscheidende Entwicklungschancen
„Mich hat die Kunst gerettet“
Teil 1: Interview – Der Direktor des Kölner Museum Ludwig über die gesellschaftliche Rolle von Museen
Kultur am Kipppunkt
Teil 1: Lokale Initiativen – Bruno Wenn vom Kölner Kulturrat über die Lage der städtischen Kulturhäuser
Unbezahlbare Autonomie
Teil 2: Leitartikel – Die freie Theaterszene ist wirtschaftlich und ideologisch bedroht
„Ich glaube schon, dass laut zu werden Sinn macht“
Teil 2: Interview – Freie Szene: Die Geschäftsführerin des NRW Landesbüros für Freie Darstellende Künste über Förderkürzungen
Zwischen Bar und Bühne
Teil 2: Lokale Initiativen – Das Neuland als kulturelles Experiment im Bochumer Westend
Der Kulturkampfminister
Teil 3: Leitartikel – Wie Wolfram Weimer sein Amt versteht