Das Filmjahr beginnt immer mit drei Großereignissen: Anfang Januar werden in den USA bei einem Gala-Dinner die von 100 internationalen, in Hollywood arbeitenden Journalisten gewählten Golden Globes verliehen. Die Berlinale – neben den Festivals in Cannes und Venedig eines von drei sogenannten A-Festivals weltweit – findet Mitte Februar im eisigen Berlin statt. Kurz darauf werden dann wieder im angenehm warmen Klima von Los Angeles bei den Academy Awards die Oscars verliehen. So richtig angenehm war das Klima bei den Oscars in diesem Jahr aber nicht. Und das lag nicht wie im letzten Jahr an einem peinlichen Patzer während der Verleihung, wo versehentlich der falsche Preisträger gekürt wurde. Formal ging in diesem Jahr alles glatt. Aber die Ereignisse des vergangenen Jahres lagen schwer auf der Verleihung. Tatsächlich waren alle drei Veranstaltungen überschattet von der Weinstein-Affäre und ihren Folgen.
Anke Engelke witzelte bei der Eröffnungsgala der Berlinale über die angespannte Stimmung: „Frauen und Männer in einem Raum – wir trauen uns was.“ Bereits im Vorfeld der Berlinale war klar, dass Fragen zu Arbeitsbedingungen, Übergriffen und Repräsentanz von Frauen in der Filmbranche das Festival begleiten würden. Es wurde nicht nur ganz konkret das Thema sexueller Übergriffe angesprochen – am deutlichsten in der Pressekonferenz des südkoreanischen Regisseurs Kim Ki-duk („Samaria“, „Bin-jip“), der sich Fragen zu den Vorwürfen, die ihm in seiner Heimat gemacht werden, stellte (inzwischen sind neue Vorwürfe laut geworden). Kein Blick auf die Garderobe der weiblichen Prominenz auf dem Roten Teppich, der nicht von etlichen Diskursen durchkreuzt wurde. Und beim Blättern im Programmheft fiel der Blick sogleich auf die Crew, stand die Frage nach Parität zwischen den Geschlechtern im Raum. Und nicht zuletzt beim Blick auf die Leinwand schwebte die Frage nach der Darstellung von Geschlechterrollen im Kinosaal. Schon zu den Golden Globes hatte sich die Bewegung „Time‘s up“ formiert, die an den Grundfesten des männerdominierten Machtgefüges in der Branche rütteln will.
Höchste Zeit für einen Wandel: Die Nominierung der Schauspielerin Greta Gerwig für ihr Regie-Debüt „Lady Bird“ als beste Regisseurin ist in der 90-jährigen Geschichte der Oscars erst die fünfte Nominierung in dieser Kategorie für eine Frau. Gewonnen hat den Regie-Preis bislang nur Kathryn Bigelow im Jahr 2009. Auch wenn Gerwig bei den Oscars leer ausgegangen ist: Ihr Film „Lady Bird“, der im April in den deutschen Kinos startet, ist auch inhaltlich ein Glücksfall. Er ist einer der wenigen Coming-of-Age-Filme, in denen nicht ein nerdiger Junge, sondern ein nerdiges Mädchen mit Mut und Durchsetzungskraft ihren Platz im Leben sucht. Ebenfalls im April findet in Köln das Internationale Frauenfilmfest statt. Dort kann Mann hautnah erfahren, wie es sich anfühlt, wenn überall das andere Geschlecht dominiert – vor und hinter der Kamera und auch im Kinosaal.
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