Im zweiten Jahr in Folge war der Sommer in Deutschland außergewöhnlich trocken und heiß. Und die Frage im Raum: Kann Deutschland sich ein tatenloses Zuschauen leisten, oder sind nicht jetzt schon mit Hinblick darauf, dass sich trockene Hitzeperioden in Zukunft mehren werden, politische Maßnahmen erforderlich?
Anfang Juli diesen Jahres klingelten wahrscheinlich bei vielen brandenburgischen Vermietern synchron die Telefone. In manchen Ortschaften kam nämlich kaum mehr Wasser aus den Leitungen. Duschen und kochen, ganz zu schweigen von Blumengießen und Rasensprengen, waren nachmittags und abends in einigen Haushalten nicht mehr möglich. Aber wo war das Wasser hin? Des Rätsels Lösung war erschreckend simpel. Es war ausnahmsweise mal genau das, wonach es aussah: die Wasserspeicher waren so stark geleert, dass der Druck nicht mehr ausreichte, das Wasser zu transportieren. Anders gesagt, das Wasser war aus. Kommen Sie morgen wieder.
Man kann davon ausgehen, dass die Erfahrung buchstäblich auf dem Trockenen zu sitzen, für die betroffenen Menschen in Brandenburg ein Schock war. Das scheinbar endlos quellende Wasser aus unseren Leitungen ist hierzulande für uns so selbstverständlich, dass wir manchmal vergessen, was für ein großer Luxus das ist. Der Grund für den Wasserengpass war die starke Hitze und der dadurch gesteigerte Verbrauch. Wer das Kind beim Namen nennen will, muss sich eines Begriffs bedienen der im hiesigen Zusammenhang irgendwie fehlplatziert klingt: Wasserknappheit – Deutschland war dieses Jahr von Wasserknappheit betroffen. Das kennt man doch nur aus anderen, fernen Regionen! Nö, der Klimawandel sorgt für die Ausbreitung des Wortgebrauchs.
Die Engpässe haben Spannungen und einen Streit um die Verteilung ausgelöst. Denn nicht nur die Leitungen wollen mit Trinkwasser gefüllt werden, auch in der Landwirtschaft werden große Mengen sauberen Wassers gebraucht. Die Trinkwasserversorgung hat oberste Priorität – das haben wiederholt Vertreter aus der Politik betont. Soweit so nachvollziehbar. Das Wasserkontingent für die Landwirtschaft hingegen, wurde in verschiedenen Teilen Deutschlands aufgrund der Knappheit gekürzt – mit der Folge, dass viele Felder verdorrten. Dass die Landwirte darüber nicht sehr froh waren, ist ebenfalls nachvollziehbar. Und da der Stress der Landwirte, letztlich auch schnell zu unser aller Stress werden kann, ist es ersichtlich, dass es mit einem einseitigem Abstrafen nicht getan ist. Insbesondere auch weil weitere Hitzewellen bevorstehen. Bisher funktioniert die Wasserversorgung in Deutschland regional, aber der diesjährige Sommer hat verdeutlicht, dass der Klimawandel ein anderes Wassermanagement erzwingt. Experten legen nahe, ein System zu etablieren, welches es ermöglicht, trockene Regionen in angespannten Situationen durch die Hilfe wasserreicherer Regionen mitzuversorgen.
In Brandenburg wurden die Menschen in Folge der Knappheit dazu angehalten Wasser zu sparen. Zudem wurde das Gießen mit Trinkwasser untersagt – nur noch Brunnenwasser durfte für diesen Zweck genutzt werden. Bei Zuwiderhandlung drohten Strafen in Höhe fünfstelliger Beträge. Kurzum: Sparmaßnahmen und Verbote beherrschten das brandenburgische Klima. Verbote? Ja, Verbote.
Wassersorgen - Lesen Sie weitere Artikel
zum Thema auch unter: trailer-ruhr.de/thema und engels-kultur.de/thema
Aktiv im Thema
bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/fluesse/fluesse_trinkwasser_nitrat_studie.pdf | Die Studie des BUND zur Nitratbelastung des Trinkwassers.
umweltbundesamt.de/themen/wasser/trinkwasser | Die Bundesbehörde zeigt, worauf beim Umgang mit Trinkwasser zu achten ist.
stadt-koeln.de/service/produkt/trinkwasser-3 | Wichtige Infos und Kontakte der Stadt Köln zum Thema.
Fragen der Zeit: Wie wollen wir leben?
Schreiben Sie uns unter meinung@choices.de.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Alles fließt
Intro - Wassersorgen
„Vom Einfluss der Lobbyverbände lösen“
Agrarwissenschaftler Friedhelm Taube über die Nitratbelastung des Grundwassers
Das Wasser sauber halten
Besuch in der Hauptabteilung Wasser der RheinEnergie
Gegen Überflutungen im Rheindelta
Das Programm „Raum für den Fluss“ – Europa-Vorbild: Niederlande
Willi H20
Wenn Tropfen sprechen könnten
Gentrifizierung auf Griechisch
Investoreninteressen und staatliche Repression im Athener Stadtteil Exarchia – Teil 1: Leitartikel
Kultur ist für alle da
Von gesellschaftlicher Vielfalt auf und vor den Bühnen – Teil 2: Leitartikel
Hinter vorgehaltener Hand
Freiheit in der smarten Stadt – Teil 3: Leitartikel
Mercedes oder per pedes?
Lob des Zufußgehens – Teil 1: Leitartikel
Vorwärts nimmer, rückwärts immer
Verkehrswende in die Vergangenheit mit der FDP – Teil 2: Leitartikel
Bike Bike Baby
Freie Fahrt fürs Fahrrad – Teil 3: Leitartikel
Wunsch nach Anerkennung
Über Erziehung und Kinderglück am Beispiel musikalischer Stars – Teil 1: Leitartikel
„Totalverzweckung“ des Menschen
Bildung verkommt zur ökonomischen Zurichtung – Teil 2: Leitartikel
Steiles Gefälle
Überlegungen zum Altersglück – Teil 3: Leitartikel
Die normalste Blutung der Welt
Vom Ende des Tabus der Menstruation – Teil 1: Leitartikel
Drei Millionen Liter
Gedanken zur Periodenarmut – Teil 2: Leitartikel
Mysteriöse Körper
Warum die Medizin den weiblichen Zyklus vernachlässigt – Teil 3: Leitartikel
Prima wohnen
Alternative Rohstoffe in der Baubranche – Teil 1: Leitartikel
Die deutsche Stadt trotzt der Zukunft
Politik schreckt vor nachhaltiger Infrastruktur zurück – Teil 2: Leitartikel
Unterirdische Energiebilanz
Kleinbäuerliche Strukturen effizienter als Agro-Industrie – Teil 3: Leitartikel
Angst und Unwissen
Ökonomische Bildung darf nicht mehr Mangelware sein – Teil 1: Leitartikel
Nachrichten als Krise
Medienfrust und der Vertrauensverlust des öffentlich-rechtlichen Rundfunks – Teil 2: Leitartikel
Klassenkampf von oben
Reiche und ihre politischen Vertreter gönnen den Armen nicht das Schwarze unter den Fingernägeln – Teil 3: Leitartikel
Spiel mit dem Feuer
Taiwan-Konflikt: Westliche Antidiplomatie riskiert Waffengang – Teil 1: Leitartikel
Glaubenskrieg
Politische Narration im bewaffneten Konflikt – Teil 2: Leitartikel