Damit meint der Volksmund, übrigens nach seinem Erfinder Karl-Gustav Volksmund (1646-1716) benannt, natürlich das Wetter. Im April darf es schneien und scheinen, es darf regnen und strahlen, es darf hageln und winden, der April ist der Blanko-Monat für Klimafreifahrten. Wären die Monate Kirmesfahrgeschäfte, wäre der April die Geisterbahn.
Lange bevor der Mensch seine erste Megatonne Kohlendioxid auf die Nase der freundlich lächelnden Atmosphäre schlug, wandelte sich das Klima an dieser Sollbruchstelle zwischen Kalt und Warm. Natürlich ist der letzte Satz nicht nur aus symbolischen Gründen völliger Unsinn. Das Wetter ist in unseren Breitengraden fast durchgehend wechselhaft, Aprilwetter herrscht seit jeher mindestens von März bis Mai und von September bis November. Keine Ahnung, was Herr Volksmund sich da gedacht hat.
Und das war nicht der einzige eher zaghaft beleuchtete Moment in der intellektuellen Laufbahn dieses Pastorensohns aus der böhmischen Tiefebene. Auch andere seiner „Weisheiten“ sind völliger Quatsch. Niemand hat morgens Gold im Mund, es sei denn, er hat vorher einen Zahnarzt-Termin vereinbart oder verwechselt einen Goldbarren mit einem Knusperriegel. Und spätestens danach braucht man auch einen Zahnarzt-Termin.
Friedhelm Hunger war kein Koch
Volksmund soll übrigens ein ausgezeichnetes Gebiss gehabt haben, ohne je einen Apfel gegessen zu haben. Überhaupt aß er nicht viel, denn er dachte, Hunger sei der beste Koch. Das stimmte natürlich nicht, Jamie Oliver ist der beste Koch, aber diese Fehleinschätzung kann man Volksmund nicht vorwerfen, denn er ist schon seit 300 Jahren in den ewigen Jagdgründen und spielt mit Manitu Mensch-Ärgere-Dich-Nicht.
Doch bis heute sind viele seiner Sätze sehr verbreitet und fast dieselbe Anzahl weist darauf hin, dass der gute Karl-Gustav besser davon abgesehen hat, einen Pavian zu einer Partie Schach herauszufordern. Denn wenn gleich und gleich sich gerne gesellen, Gegensätze sich aber anziehen, dann ist das Chaos vorprogrammiert. Und bitte, wer ist der Klügere und gibt nach?
Nur wer nie über eine Schlucht voller Kakteen spazieren wollte, konnte auf den Gedanken kommen, zu behaupten, wo ein Wille sei, da sei auch ein Weg (siehe Roadrunner).
Trotz (optimistisch) oder wegen (realistisch) all dieser hanebüchenen Theorien gelang es Volksmund, eine große Anhängerschar anzuziehen, bis seine Vereinigung Joseph, dem II., dem habsburgischen Kaiser, übel aufstieß und er Volksmund nach einem kurzen Schauprozess im April 1716 auf dem Kirmesplatz im Wiener Süden hinrichten ließ.
Leibniz hatte einen weichen Keks
Schon mit dem Strick um den Hals rief Volksmund der bluthungrigen Menge zu: „Wer nicht hören will, muss fühlen!“ und zuletzt lachte er, wie man sich sagt, sein bestes Lachen.
Nun, was soll ich sagen, das ist natürlich alles totaler Unsinn. Es hat niemals einen Karl-Gustav Volksmund gegeben. Von 1646 bis 1716 lebte höchstens Leibniz, jener Philosoph, dem die undankbare Welt seine Taten mit der Benennung eines Butterkekses lohnte.
Der komplette Rest dieser Kolumne ist frei erfunden. April, April – da macht sogar diese Kolumne, was sie will.
Jetzt ist diese Kolumne vorbei und bald wird sie in der Zeit verloren sein, wie eine
Träne im Regen (siehe Bladerunner).
Oder, wie Karl-Gustav Volksmund gesagt hätte:
„Ehrlich läuft am längsten, denn Lügen haben kurze Beine.“
Oder so ähnlich.
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