Herzlichen Glückwunsch – Sie haben entschieden! Entschieden, wie es die nächsten vier Jahre so weiter geht in unserem Land. Und während sich die politischen Parteien nun munter mühsam durchs Koalieren zieren, führt die Kölner Kinowelt ihre Koalition einfach unbeirrbar fort. Mit an Bord ist nun nach dem Kölner Filmhaus auch wieder das Metropolis am Ebertplatz! Und jenseits der Wahlkabine können die Zuschauer jeden Tag aufs Neue ihre Stimme abgeben: hier, an der Kinokasse. Streng anonym im Sinne des Wahlgeheimnisses, versteht sich. Und ohne sich dabei dauerhaft festzulegen – auf eine Richtung, auf ein Genre. Die Wahl des Lieblingskinos steht dabei ebenso zur Debatte wie die Wahl des Films – und damit die künftige Ausrichtung der Kinoszene und dessen, was in Zukunft auf der Leinwand zu sehen sein wird. Der Kinobesuch als Mikromotor eines konstruktiven, demokratischen Prozesses.
Wie die Parteien stehen auch die Lichtspielhäuser und ihre Kandidaten, die Filme, im Wettbewerb zueinander – und es wird um jede Stimme gebuhlt: Wahlwerbung ist omnipräsent! In den Kinos, an der Litfaßsäule, in den Gazetten werben Anzeigen und Plakate dafür, welchem Haus und welchem Film wir demnächst mal wieder mit einem Besuch unsere Stimme schenken sollen. Auch in diesem Oktober hätten manche Titel dabei durchaus das Format zum Wahlplakat bei der jüngsten Bundestagswahl gehabt: „Träum Weiter! Sehnsucht nach Veränderung“, „Auf alles, was uns glücklich macht“, „Endlich Tacheless“, „Natur Natur sein lassen“ oder gar „Résistance – Widerstand“. Ausrufezeichen dran – fertig ist das Wahlplakat!
Ja, werte Politiker, im Kino kann man noch was lernen! Und das weit über die etwaige Inspiration für‘s nächste Wahlplakat hinaus – „Online für Anfänger“, um nur ein aktuelles Beispiel zu nennen. Die Politik lernt nichts dazu, im Kino lernen wir dafür umso mehr über Politik, wenn es aufarbeitet, was gut und vor allem schief läuft im Vater Staat. Apropos: Lug und Trug. Was in der Politik an der Tagesordnung ist, findet natürlich auch im Kino statt. Nur verkauft uns das Kino Lug und Trug nicht als bare Münze: Illusion wird vielmehr abgefeiert als – Illusion! Ein weiterer Vorzug: Der Film denkt das, was er anfängt, für gewöhnlich auch zu Ende. Die geschlossene Form ist ihm Selbstverständnis. Und das nicht nur im 90minütigen Zeitfenster, sondern auch gern über Jahre und Jahrzehnte hinweg, wenn er seriell und episch Weitblick walten lässt. Weitblick? In der Politik ein Fremdwort.
Wie meinen? Politik und Kino lassen sich überhaupt nicht miteinander vergleichen? Stimmt. Aber wir machen‘s halt trotzdem und träumen einer Zeit entgegen, in der Waffen, böse Mächte und PS-starke Benziner nur noch dort existieren, wo sie hingehören: auf der Leinwand. Und bis dahin analysieren und kommentieren wir für Sie allmonatlich Ihr Wahlprogramm, dessen aktuelle Ausgabe Sie gerade in den Händen halten (Wahlomat ist in Arbeit!). Viel Spaß bei der Lektüre, und gute Unterhaltung nach Ihrer nächsten Stimmabgabe!
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