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Mißachtet und getreten: Hinweisschilder und Zweitplatzierte
Foto: Sebastian Rabsahl

Verführende Versfüße

28. Januar 2011

Sebastian 23 zählt an: Fünf - die Video-Kolumne - Poetry 02/11

"Wäre der Februar ein Mensch, müsste er wohl Edwin Eugene Aldrin, jr. heißen."

Das klingt sehr schön, wenn man es sagt, denn in diesem Namen sind vier Trochäen hintereinander. Also, wie mir mein Germanistik studierender Papagei ins Ohr flüstert: Vier schwere, betonte Silben, denen je eine leichte Silbe folgt.


Viel mehr fällt den meisten Papageien und Deutschlehrern erst mal nicht zu diesem Namen ein und der Rest der Menschheit muss beschämt zugeben, dass er diesmal mit den Deutschlehrern auf einer Wellenlänge liegt. Besser bekannt ist der oben genannte Mann hingegen als Buzz Aldrin - unter diesem Namen betrat er 1969 als zweiter Mensch den Mond.

„Wer die Sprache nicht beherrscht, soll den Mond halten.“ – Otto

Viel mehr fällt den meisten Deutschlehrern nicht ein (ich erkenne da langsam ein Muster), denn der Name „Buzz Aldrin“ ist metrisch betrachtet ein Amphibrachys (leicht-schwer-leicht) und das Wort kann sich kein Mensch merken – auch kein Deutschlehrer. Aber wenn wir schon dabei sind, werfe ich, vermutlich als erster Mensch der Welt, die Frage in den Raum, ob Neil Amstrong und Buzz Aldrin vielleicht aus metrischen Gründen ausgewählt wurden:

„Neil Amstrong, Buzz Aldrin, zwei Männer des Mondes“

Vielleicht bin ich aber auch der Zweite der auf diese Idee kommt – dann stünde ich mit dem Februar und Buzz Aldrin in einer Reihe. Nämlich in der Zweiten. Dort spielten wir die zweite Geige und schauten auf dem ZDF eine Doku über den zweiten Weltkrieg, würden aber schon nach zwei Minuten ins Bett gehen.

Doch enttäuscht müssten wir feststellen, dass darin schon Neil Armstrong liegt und trochäisch schnarcht.

Alle Behauptungen über Metrik in sind frei erfunden

Als Zweiter hat man es nicht leicht – Buzz Aldrin wurde nach seiner Rückkehr Alkoholiker; der Februar ist der kälteste Monat. Als vor ein paar Jahrtausenden überlegt wurde, wie man 365 Tage auf 12 Monate verteilt, hat man allen Monaten 30 oder 31 Tage gegeben, dem Februar aber nur 28.

Das mag aber auch so geregelt worden sein, damit es schneller Frühling wird. Oder damit Julius Cesar genau Mitte März umgebracht werden konnte. Ich bitte um Zuschriften, wenn jemand die Antwort weiß. Aber bitte nicht an mich, sondern an das Magazin „Lisa“.

„Lisa“ ist auch die Nummer Zwei, nämlich das zweite Magazin mit Damennamen. Und in der Redaktion der „Lisa“ kann man dringend neue Themen gebrauchen – das zeigt schon ein Blick auf die Titelseite, auf der z.B. ein Bericht über die Wohntrends 2011 angekündigt wird. Diese Trends sind:

Holz, Barock, Hippie und Clean.

In dieser Reihenfolge. Allein das ist schon ein bisschen schade, denn „Hippie, Clean, Barock und Holz, ey!“ wäre ein vierfacher Trochäus gewesen, so wie Buzz Aldrins Geburtsname.

Warum liest ein Loser „Lisa“?

So manch einer wird sich nun völlig zu Recht fragen, wann und warum ich die „Lisa“ gelesen habe. Da ich statt einer Frisur eine Mütze trage, kann es ja beim Frisör schon mal nicht gewesen sein. Im Wartezimmer des Arztes war es auch nicht, bei meinem Hausarzt liegen nur „Business Punk“ und „Beef“, zwei gleichsam gloriose wie glockendumme Gazetten. Auf der Kirmes kann es auch nicht gewesen sein, denn erstens ist es Winter und da ist nicht viel mit Kirmes und zweitens liegen auf der Kirmes ja keine Zeitschriften rum.

Konzentrieren Sie sich!

Mein Auge blieb im Kiosk an „Lisa“ hängen, da ich im Februar umziehe. Und da habe ich eine neue Wohnung einzurichten, also zog mich das Titelthema magisch an. Allerdings schienen mir die Tipps eher fragwürdig, ich hole mir meine Einrichtungsideen lieber aus der „Metal Hammer“:

„Stahlstein, Gotik, Moshpit, Dirty“

Das ist vielleicht ein bisschen übertrieben – zugegeben. Aber bevor ich mir einen hölzernen, sauberen Barock-Hippie in die Bude hänge, lade ich lieber Lemmy von Motörhead zu meiner Einweihungsparty ein. Und Buzz Aldrin.

Dazu kommen noch die Chefredakteurin der „Lisa“, mein Hausarzt, ein arbeitsloser Frisör mit Mütze, eine Handvoll Schausteller, zwei Deutschlehrer und ein Zivilpolizist, der sich als Hippie verkleidet hat und immer ganz unauffällig fragt:

„Hat jemand von euch vielleicht eine Marihuana-Zigarette? Ich möchte mir Haschisch spritzen!“

Es klingelt an der Tür und als ich aufmache, bin ich überrascht, denn es steht Neil Armstrong da. Tja, diesmal ist er leider zu spät, denn Aldrin war vor ihm hier. Weil Armstrong jedoch mittlerweile 81 Jahre alt ist, bin ich behutsam, als ich sage, dass er mal einen kleinen Schritt nach draußen machen soll, denn das sei ein großer Sprung für die Menschheit.

Moralinsüßes Ende

Auf Dauer ist es nämlich ganz schön doof, dass immer nur die Ersten gewinnen. Wenn immer nur die Betonung auf dem ersten liegt, dann freut das zwar die Fans der Trochäen, aber die Trophäe gehört eigentlich genauso gut dem Zweiten. Denn ohne Zweiten könnte es logisch betrachtet keinen Ersten geben. Das ist das erste Ende für die Kolumne gewesen. Hier das Zweite: Ohne „Lisa“ wäre Neil Armstrong logisch betrachtet nicht mal ein Monat. Entscheiden Sie selbst.

SEBASTIAN 23

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