Der Abend beginnt mit unerwartet ruhiger, jazziger Musik. In gedimmtem Licht richtet sich Tim Mrosek auf der schwarz abgehangenen Bühne ein. Noch ist nicht zu erahnen, dass es hier gleich eine Stunde lang um Fragen nach Authentizität, Diskriminierung und Hate Speech im deutschen Rap gehen wird.
Für Rapper gilt eine typische Erzählung: Sie kommen von der Straße, leben in Ghettos, sie haben genretypische Gesten und Klamotten – sie gelten damit als authentisch und real. Aber ist dieses Bild noch zeitgemäß? Gehören Musiker, die eigene Modelabels vertreiben, Eistee verkaufen und die Charts dominieren nicht doch zu einem etablierten und kapitalistischen System? Mrosek nimmt das Publikum mit in eine sowohl kritische als auch humoristische Auseinandersetzung mit der deutschen Rap-Kultur. Und obwohl visuell wenig auf der Bühne passiert, folgt man ihm gerne – und oft mit einem Schmunzeln auf den Lippen.
Ist es Comedy, Kabarett oder Theater? Man weiß es nicht genau. Auf jeden Fall ist es unterhaltsam, wenn er Grundbegriffe und Stilmittel im deutschen Rap erklärt. In wissenschaftlicher Manier nimmt er gängige Verhaltens- und Sprachmuster aus der Rap-Szene unter die Lupe. Dabei heraus kommt eine Anklage gegen menschenfeindliche Texte, Hypermaskulinität, Frauenfeindlichkeit und die institutionelle Hinnahme von Hate Speech durch Plattenfirmen. Und gleichzeitig ist es ein Bekenntnis zu einer empowernden (Jugend-)Kultur, die gesellschaftlichen und sprachlichen Wandel mitgestaltet. Es ist die Offenbarung einer Hassliebe.
Dreckstück | weitere Termine in Planung | Studiobühne Köln (Koproduzent) | 0221 470 45 13
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