Eine Wohnung, ein Fenster mit Blick in den Garten, Zeit für Gedanken und poetisch wie angsteinflößend anmutende Wolken bilden das Szenario für „Störfall“. Mit einer multimedialen Adaption des Textes von Christa Wolf gastiert das disdance project im Theater Tiefrot. In der 60-minütigen Performance umarmensich zwei Störfälle im dichtesten Stacheldraht: Eine Gehirnoperation und die atomare Katastrophe im ukrainischen Kernkraftwerk Tschernobyl.
Die Protagonistin (Paula Scherf) erfährt von den Geschehnissen, während sie auf den erlösenden Anruf aus der Klinik wartet.Die kritische Situation für einen nahestehenden Menschen und die Frage nach den Auswirkungen des Reaktorunfalls vernetzen sich zu einem unkontrollierbaren Sinnen-Gau, der die Dämme des Verstands überflutet. Angst, Wut, Hoffnung, dann wieder Wut über die Absurdität des hilflosen Daseins mit der EndstationTod prägen die Handlung. Doch die verbale Ebene erschöpft sich nicht im über Lautsprecher eingespielten Gedankenmonolog. Mittels Freischaltung in den Theater-Server erhalten die ZuschauerMöglichkeiten, sich in das Stück einzubringen. Fragestellungen auf einer transparenten Leinwand fordern zur Interaktion auf: „Was will der Mensch?“ offenbart dabei die Schwierigkeit, eine zynische Antwort zurückzuhalten, die sich in dosierten Wahnsinn reduziert. Neben einer progressiven Dramaturgie begeistert die Inszenierung durch das Spiel: Paula Scherfs durchdringende Mimik und ihr graziler Tanz übersetzen die Schreie einer erschütterten Seele nach Demut im Angesicht eines kosmischen Mysteriums namens Leben.
Störfall | R.: André Lehnert | 10., 11., 12., 13.2. je 20 Uhr | Theater Tiefrot | 0221 460 09 11
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