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Ich sperre vor der großen Leinwand auch die Ohren auf
Foto: Vera Leiber

Song-Check im Kino

29. Oktober 2015

Wenn in Filmen und für Filme gesungen und Musik gemacht wird – Vorspann 11/15

Sicher ist Film in erster Linie ein visuelles Medium. Was für eine große Rolle aber auch die akustische Ebene spielt, fällt nicht nur bei jeder Oscar-Verleihung auf, wenn man sich fragt, was nochmal der Unterschied zwischen Tonschnitt und Tonmischung war. In jedem Film hören wir Klänge, die unseren Gefühlszustand beeinflussen. Die Augen kneifen wir spontan zu oder wir wenden den Kopf ab, wenn wir etwas nicht sehen wollen. Die Ohren hingegen können sich nicht selbst verschließen, wenn unheimliche, aufwühlende oder nervtötende Töne in sie dringen – Schreie, Schüsse und natürlich Musik. Die beeinflusst mehr oder weniger subtil die Stimmung des Publikums. Manchmal schon lange im Voraus.

Schon Wochen vor dem Start des neuesten 007-Abenteuers redeten sich Fans und Experten die Köpfe heiß über die Qualität des dazugehörigen Liedes. Hat Sam Smith mit „Writing‘s on the Wall“ nun wirklich den schlechtesten oder vielleicht sogar den besten Bond-Song aller Zeiten vorgestellt? Darüber streiten die Gelehrten wahrscheinlich noch lange. Ob einem Hochleistungs-Singerei mit Falsett-Einlagen nun passend erscheint im Zusammenhang mit dem angeblich neuen Männlichkeitsbild des berühmten Geheimagenten oder man sie schlicht als langweilig empfindet, bleibt letztlich Geschmackssache. Die Werbetrommel ist zweifellos rechtzeitig ins Glühen geraten.

Bond-Songs waren bereits früh Trendsetter für andere Blockbuster. Spätestens seit den 90er Jahren setzten Marketing-Strategen vermehrt auf die Kaufkraft von Stars aus der Musikbranche, mit deren Songs und Videos sich schon lange vor dem Kinostart die Lust auf den Film anheizen ließ. Arnold Schwarzenegger trat vor „Terminator 2“ im Clip zu „You Could Be Mine“ auf und verhalf so Guns N‘ Roses und seinem Film zu guten Zahlen. Madonna tanzte und besang den „Beautiful Stranger“ für die Bond-Parodie „Austin Powers 2“. Und manchmal singen auch die Schauspieler selbst: „The Hanging Tree“, die Rebellenhymne, die Jennifer Lawrence alias Katniss Everdeen im ersten Teil von „Die Tribute von Panem – Mockingjay“ intonierte, wurde ein richtiger Chart-Erfolg.

Dieser Kinomonat, in dem die dystopische Reihe ihr Finale erlebt, wird ein musikalischer. So startet eine neue Dokumentation über den 2014 verstorbenen Meister-Gitarristen Paco de Lucía. Außerdem die Neuverfilmung eines 50er-Jahre-Hits: In „Die Trapp Familie – Ein Leben für die Musik“ schmettert unter anderem Yvonne Catterfeld vor alpinen Panoramen. Herzig. Richtig toll sind oft auch einzelne Songs in Filmen, bei denen man sofort weiß, dass man sie noch mal hören möchte und dezent das Smartphone zückt, damit die entsprechende Sound-App verrät, was da gerade gespielt wird. In Gaspar Noés Arthouse-Softporno „Love“ (den man, nebenbei gesagt, vor allem wegen seiner inhaltlichen Belanglosigkeit skandalös finden kann) ist ein mit Gitarrensoli zehn Minuten lang zelebriertes Stück von 1971 faszinierender als all die Beischlaf-Bilder in 3D. Lassen Sie Ihr Handy ruhig stecken. Es ist von Funkadelic und heißt „Maggot Brain“.

Jessica Düster

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