Weltfremd waren die Tänzer und Choreographen nie, die ihr Leben mit Leidenschaft dieser flüchtigen Kunst verschrieben haben. Tanzschaffende sind es gewohnt, mit den eher spärlicheren Fördertöpfen der öffentlichen Hand auszukommen. Vielleicht ist man auch deshalb schon immer findig bei der Suche nach möglichen Ressourcen gewesen. Im Bereich der Darstellenden Künste sind die Tanzschaffenden schon seit Beginn der Moderne am stärksten internationalisiert gewesen. Da macht die Gegenwart keine Ausnahme. Schon seit 2010 existiert Studiotrade, ein Netzwerk, mit dem man sich über Grenzen hinweg gegenseitig unterstützt. Gegründet wurde es in Düsseldorf im Zuge der Tanzmesse, belebt wird es unter anderem in Köln von den ehrenfeld studios. Man unterstützt sich mit den jeweiligen Ressourcen, die zu Verfügung stehen. Das können Probenräume oder Produktionsmittel sein, es kann sich aber auch um Know-how in Bereich der Finanzen, der Recherchen oder der künstlerischen Erfahrung handeln.
Von Island über Litauen, die Niederlande, Frankreich, Spanien bis nach Portugal sind neun Nationen miteinander in Kontakt. Plattformen wie das Festival de Dance in Cannes, die euro-scene in Leipzig, Trainings-Events in Vilnius oder das Festival Sharing Across Borders in Köln entstanden. Dort war jetzt die Tanz-Community buchstäblich um den Tisch herum versammelt. Das Ensemble Low Air aus Litauen hatte den Koch mit nach Köln gebracht. Im Hof der ehrenfeld studios an der Wissmannstraße stand die große Paella-Pfanne, und während draußen gegessen wurde, konnte man drinnen beim Pitchen zusehen. Darunter muss man sich eine Präsentation vorstellen, bei der das fachkundige Publikum sein Lob ausspricht und erklärt, was noch besser gemacht werden könnte. Eine Veranstaltung, die in wunderbar freundlicher Atmosphäre über die Bühne geht. Als Besucher kann man hier viel darüber erfahren, wie Tanz funktioniert.
„Man entwickelt sich in den einzelnen Ländern unterschiedlich“, erklärt die Kölner Choreographin Silke Z. Verschiedene Ästhetiken öffnen den Blick für neue Möglichkeiten. Inselgemeinschaften wie es sie unter den Tänzerinnen aus Island oder Mallorca gibt, dürsteten nach Urban Dance. Andererseits zeigen die Spanierinnen etwa eine große Konzentration in ihren Arbeiten. „Die entstehende Vielfalt ist enorm fruchtbar für uns“, meint Silke Z – sie wird auch im Herbst eine Koproduktion mit dem jungen Ensemble des Vilnius City Dance Theatre in Köln vorstellen.
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