Als das Magazin „Der Spiegel“ in den 1960er Jahren einen Artikel mit der Überschrift „Bedingt abwehrbereit“ veröffentlichte, kam es zum Bruch der Verfassung. Obgleich das Grundgesetzes die Freiheit der Presse garantiert, erfuhr der „Spiegel“ und mit ihm die gesamte deutsche Presselandschaft auf Betreiben von Verteidigungsminister Franz Josef Strauß (CSU) ein in der Bundesrepublik nie zuvor dagewesenes Unrecht. Die Polizei besetzte die Redaktion, nahm Spiegel-Gründer Rudolf Augstein und sieben seiner Mitarbeiter wegen Verdacht des Landesverrats fest. Ihre Recherchen fußten auf vertraulichen Berichten, welches das Verteidigungskonzept der Bundeswehr in Frage stellte. Nach einer Welle von Protesten wurde Augstein nach 103 Tagen aus der Untersuchungshaft entlassen; Strauß musste als Konsequenz der „Spiegel-Affäre“ als Bundesminister den Hut nehmen, arbeitete sich in den Folgejahren jedoch wieder zurück ins Bundeskabinett und wurde schlussendlich bayerischer Ministerpräsident. „Sagen, was ist“, das Motto Rudolf Augsteins jedoch überlebte die Affäre ohne jegliche Blessur. Journalisten in ganz Deutschland folgen seinem Vorbild – bis heute. Unmöglich und hochgefährlich war der freie Journalismus auf deutschem Boden noch einige Jahre zuvor: in der Zeit des Nationalsozialismus musste, wer schrieb, wer sagte, was ist, über den Massenmörder Adolf Hitler und sein unmenschliches Regime, das für den Tod von Millionen von Menschen verantwortlich ist, damit rechnen, an die Wand gestellt und erschossen zu werden.
Heute, wir schreiben das Jahr 2019, gibt es den freien Journalismus wieder, doch ist er noch immer unter Beschuss. „Wenn man sich die vielfältigen Bedrohungen von Journalistinnen und Journalisten anschaut, kann einem angst und bange werden. Wir verstehen uns aber als Verteidiger von Demokratie sowie Meinungs- und Pressefreiheit. Deshalb lassen wir uns nicht einschüchtern“, sagt Prof. Dr. Frank Überall, der gerade erst – im 70. Jahr des Bestehens des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV) – im Amt als Bundesvorsitzender bestätigt wurde.
Nachgefragt betont Überall weiter: „Hass und Gewalt müssen konsequent verfolgt werden – auch und gerade, wenn sie sich gegen Journalistinnen und Journalisten wenden.“ Um gemäß Artikel 5 Grundgesetz frei arbeiten und berichten zu können, sei unabdingbar, „dass (Polizei-)Behörden uns über das wahre Ausmaß ihrer Erkenntnisse informieren und uns adäquat schützen.“ Schließlich sei es die zentrale Aufgabe der Presse, Licht ins Dunkel extremistischer Bestrebungen zu bringen, darüber zu berichten und so die Öffentlichkeit darüber zu informieren, wer auf welche Weise unsere demokratische Gesellschaft zerstören will.
In Zeiten, in denen Populisten, etwa von der erstarkten AfD, in den Parlamenten „Fake News“ produzieren, Journalisten vor die Tür setzen, sie diskreditieren und anonyme Morddrohungen ihnen gegenüber an der Tagesordnung sind, ja sogar Todeslisten mit ihren Namen in rechten Netzwerken die Runde machen, gefeiert von ewig Gestrigen und Neurechten: ja, in solchen Zeiten muss der freie Journalismus abermals verteidigt werden und mit ihm das Grundgesetz – mit der einzig legitimen und wohl gefährlichsten Waffe, die Populisten fürchten: das unabhängige, das objektive, ja das kritische Wort.
Rückblick: Nachgehakt – Wegelagerer auf Rollen
Es sei ungerecht, wie millionenschwere Unternehmen den öffentlichen Raum in Beschlag nehmen, macht Andreas Hupke (Bündnis 90/Die Grünen), Bezirksbürgermeister der Kölner Innenstadt, medial seinem Unmut über die neumodischen E-Scooter Luft. Er fordert feste Stationen, in denen Nutzerinnen und Nutzer Elektrotretroller entleihen und abgeben können. Dass die Gefährte einfach am Straßenrand abgestellt werden dürfen, habe sich nicht bewährt. Oftmals beeinträchtigten und gefährdeten sie Fußgänger, Radfahrer und mobilitätseingeschränkte Menschen etwa mit Gehilfe oder Rollstuhl. Dazu kämen massenhaft Ansammlungen in von der Stadt eingerichteten Verbotszone, etwa am Dom. Auch hier müsse gehandelt werden. Zudem kommt es immer wieder zu Fällen, bei denen sich stark alkoholisierte Nutzer ohne Helm schwer verletzen.
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