Heidelberg, München und Berlin –die drei Gesundheitsstandorte spielen in einer Liga, der Bundesliga, wenn es um Spitzenmedizin in Deutschland geht. Der Standort Köln spielt hier nicht mit – ist vor allem für die Charité in Berlin aktuell keine nennenswerte Konkurrenz. Die Diskussion über die kommunale Krankenhausstruktur – ein möglicher Verkauf der städtischen Kliniken an die Uniklinik – sie schwelt seit langem. Den Vorschlag von Prof. Dr. Karl Lauterbach, Gesundheitsexperte der SPD-Bundestagsfraktion sowie der KölnSPD,eine Expertenkommission zur Prüfung der Voraussetzungen für eine Vernetzung der Kliniken in Köln einzusetzen, hat der Stadtrat nicht aufgegriffen. Die Ratsmehrheit lehnte den Vorschlag ab. Gefordert haben die Sozialdemokraten die Kommission bereits im Juni 2018; aktuell fordern sie Oberbürgermeisterin Henriette Reker erneut dazu auf, eine derartige Kommission einzusetzen. „Während in Köln noch geprüft wird, hat Berlin jetzt gehandelt“, betont Michael Paetzold, gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Ratsfraktion. Den Verkauf der städtischen Kliniken an die Kölner Uniklinik lehnt die hiesige SPD jedoch weiterhin strikt ab. Er sei der falsche Weg und greife vor allem zu kurz.
„Die KölnSPD setzt sich dafür ein, die Kliniken der Stadt Köln als unverzichtbaren Bestandteil der kommunalen Daseinsvorsorge für die Zukunft sicher aufzustellen. Die Bürgerinnen und Bürger brauchen heute wie morgen die verlässliche Versorgung der Kliniken der Stadt auf hohem medizinischen Niveau“, sagt Paetzold. Hingegen sei eine vernetzte Krankenhausstruktur der richtige nächste Schritt. Dass nun ausgerechnetKarl Lauterbach, immerhin direkt gewählter Abgeordneter der SPD im Wahlkreis Leverkusen / Köln IV, einem Ruf nach Berlin gefolgt ist und dort derZukunftskommission „Gesundheitsstadt Berlin 2030“ vorsitzt, verwundert in dem Kontext sehr. Schließlich formuliert Michael Müller, Regierender Bürgermeister von Berlin und Senator für Wissenschaft und Forschung, keine geringere Zielsetzung als: „Wir wollen Berlin bis 2030 zur europäischen Top-Adresse in der medizinischen Forschung und Versorgung machen. Mit der Charité und Vivantes verfügt Berlin über das größte Universitätsklinikum und den größten kommunalen Krankenhauskonzern in Deutschland.“ Lauterbachergänzt dazu: „An keinem deutschen Standort sind die Potenziale, diesen Anforderungen zu begegnen, größer als in Berlin.”
Hier stellt sich durchaus die Frage, inwieweit ein direkt gewählter Abgeordneter die Wählerinnen und Wähler in seinem Wahlkreis moralisch hintergeht, indem er dem Gesundheitsstandort Berlin hilft eine Vorreiterstellung in Europa einzunehmen, während Köln mit dem zuvor skizzierten Zusammenschluss Ähnlichesgelingenkönnte.Nachgefragt bei Karl Lauterbach weicht sein Büro der Frage aus, warum er sich in der Berliner Zukunftskommission engagiere, jedoch nicht – in dem Ausmaß – in seinem Wahlkreis für den Gesundheitsstandort und die Spitzenmedizin vor Ort. Die Frage, ob er nicht gegen die Interessen seines Wahlkreises agiere, wenn er die Fusion der städtischen Krankenhäuser mit der Uniklinik Köln ablehne, wodurch jedoch ein ernstafter Konkurrent Berlins im Bereich der Spitzenmedizin entstehen könnte, beantworten Lauterbach und sein Büro nicht direkt – und verweisen lediglich auf ein Statement der KölnSPD. Es stellt sich somit weiterhin die Frage, wessen Interessen Prof. Dr. Karl Lauterbach in dieser Sache wirklich vertritt.
Rückblick: Nachgehakt – Frauen in Führungspositionen
Der frühere US-Präsident Barack Obama schätzt Frauen in Führungspositionen. Wenngleich in Köln eine Oberbürgermeisterin das Sagen hat, sieht es mit den Vorstandsfrauender hundert größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland ziemlich mau aus. In den Vorständen sitzen aktuell nur 8,5 Prozent Frauen; bei 30 Prozent liegt der Anteil in den Aufsichtsräten. Ein Blick auf die Kölner Verhältnisse ernüchtert. Dem Vorstand des Spezialchemie-KonzernsLanxess AG (MDAX) gehört keine einzige Frau an. Gleiches gilt für die Deutz AG (SDAX), ein Hersteller von Diesel-, Gas- und elektrifizierten Motoren, und Ströer Media (SDAX), die in der Vermarktung von Online- und Außenwerbung tätig sind.Immerhin: im Vorstand derDeutsche Lufthansa AG (DAX) ist einer von fünf Vorstandsstühlen weiblich besetzt – nicht aber der Vorstandsvorsitz.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Prima Klima für Köln
Die Stadt will klimaneutrale Kommune werden – bis 2050 – Nachgefragt 01/20
Sagen, was ist
Zu den Waffen: Der freie Journalismus muss verteidigt werden! – Nachgefragt 12/19
Auf den Roller gekommen
Köln ist eine der ersten deutschen Großstädte, in der großflächig E-Scooter verliehen werden – Nachgefragt 11/19
Köln braucht die Verkehrswende – jetzt
Radfahren in der Domstadt ist beliebt, aber nervenaufreibend – Nachgefragt 09/19
Wenn aus Hass Mord wird
Nach dem Tod von Walter Lübcke werden wieder Morddrohungen laut – Nachgefragt 08/19
Frauen gehören in die Chefetage
Ex-US-Präsident Barack Obama setzt auf mehr Frauen und Klimaschutz – Nachgefragt 05/19
„Die Kontrolle der Mächtigen verschwindet“
Für Frank Überall sind die Verkaufspläne von DuMont demokratiegefährdend – Nachgefragt 04/19
Welche Zukunft wollen wir?
raum13 droht das Aus im Otto-und-Langen-Quartier – Spezial 11/20
„Mehr als der Schutz dieses Waldstücks“
Ein Besuch im Hambacher Forst – Spezial 10/20
Wende sofort
Students for Future radeln „Ohne Kerosin nach Berlin“ – Spezial 09/20
Wie weiter in Köln?
Kommunalwahl 2020<br>Kölner Politiker*innen und OB-Kandidat*innen antworten auf choices-Fragen
Gleiche Chancen mit Zuwanderungsgeschichte
Der Kölner Integrationsrat wird neu gewählt
Ihr entscheidet!
Die Kommunalwahlen 2020 in Köln
Ist das Geschichte oder kann das weg?
Kölner Denkmäler und die koloniale Vergangenheit – Spezial 07/20
Große Unsicherheit
Freiberufler und Solo-Selbstständige standen plötzlich vor dem Nichts – Spezial 05/20
Tickets, die die Welt bedeuten
Vor dem Lockdown ein letztes Mal im Theater – Corona-Ecke 04/20
Infiziert mit Selbstmitleid
Wie Europa die Augen vor der Welt verschließt – Corona-Ecke 04/20
Glauben, was man nicht sieht
Die Angst in den Zeiten des Corona – Corona-Ecke 04/20
„Seid ehrlich, seid kreativ“
Andreas von Hören über das Jugend-Videoprojekt „Corona Diaries“ – Interview 03/20
„Wenn wir streiken steht die Welt still!“
Frauen*streikbündnis demonstriert am Weltfrauentag – Spezial 03/20
1945 polyphon
„Kriegsenden in Köln“ im NS-DOK – Spezial 03/20
„Feminismus ein Gesicht geben“
Jasmin Mittag über die Ausstellung „Wer braucht Feminismus?“ – Interview 03/20
„Austausch ist total wichtig“
Tobi Leifeld ruft ein Klimacafé ins Leben – Spezial 02/20
Die unangenehme Wahrheit
#NeustartKlima-Proteste in Köln – Spezial 12/19