„Ich hatte den Eindruck, es macht ihm auch Spaß“, erklärt die Kölner Regisseurin den zahlreich erschienenen Zuschauern im Kinosaal des Museums Ludwig. Ihre neue Dokumentation „Peter Handke – Bin im Wald. Kann sein, dass ich mich verspäte“ hat vor wenigen Augenblicken NRW-Premiere gefeiert. Im Anschluss an die Vorführung der Annäherung an den – jedenfalls oftmals scheinbar – schwer erreichbaren Literaten stellt sich die Filmpreisträgerin einigen Fragen aus dem Publikum. „Man muss etwas haben, dass bei der Person Gedanken in Bewegung setzt“, sagt sie.
Mehrere hundert Menschen sind am Montagabend trotz Regen und sechs Grad Celsius ins Filmforum gekommen, um das neue Werk der Regisseurin und Drehbuchautorin zu sehen. Der Vorraum zum Kinosaal ist in roter Farbe beleuchtet, bereits einige Zeit vor Einlass tummelt sich ein Großteil dort. Tickets gab es für sieben Euro im freien Verkauf. Kühle Temperaturen kann die Zielgruppe ab 35 aufwärts allem Anschein nach besser vertragen, einige Jüngere finden ihren Weg ins Museum Ludwig aber auch. Zuschauer im schicken Anzug, in hipper Baskenmütze, in klassischer Levi’s-Jeans – Kultur kennt im Museum Ludwig keinen Dresscode. Als der Kinosaal geöffnet wird, bildet sich schnell eine Traube vor der schmalen Eingangstür. Innen empfängt Handke selbst – von einem Standbild auf der Leinwand. Er sitzt auf einem Holzstuhl mit gewebter Sitzfläche. Hinter dem vielleicht bedeutendsten zeitgenössischen Schriftsteller Österreichs steht ein gepolsterter Sessel, er ist umgeben von Dutzenden Büchern und einigen Gemälden.
89 Minuten dauert der Dokumentarfilm, der keinesfalls als literarische Kritik, sondern viel mehr als intensive Personendarstellung daherkommt – als liebevolle und unvoreingenommene Charakterisierung, die gleichzeitig die Einzigartigkeit des Lebens als Schriftsteller herauskristallisiert. Vivaldi, Beethoven und weitere begleiten das Werk musikalisch, Zitate geben Einblick in Handkes Schreibe, Archivpolaroids verstärken den visuellen Teil. Größtenteils findet der Film im Haus des Autors in einer Pariser Vorstadt statt. Macherin Belz ist zumeist stille Gesprächspartnerin Handkes.
Nach den 89 Minuten klatschen die Menschen im Filmforum Beifall. „So einen langen Applaus haben wir nicht so häufig“; freut sich Dirk Steinkühler von Mitorganisator Filmpalette und begrüßt die Regisseurin vor der Bühne, über der die Leinwand hängt. Er fragt sie, welcher Teil in ihr die Idee zur Doku entzündet hätte. „Ich bin nicht unbedingt der geborene Fan. Das würde ich jetzt nicht sagen. Aber es ist die Leserin“, antwortet Belz. „Ich war schon immer der Meinung, dass Herr Handke zu den unangepassten Schriftstellern gehört, die wir haben.“ Aus dem Publikum verlässt keiner das Museum Ludwig, während sie erst vorne im Kinosaal steht und sich dann auf die Bühne setzt. Die Zuschauer wollen viel wissen, Belz antwortet. Über hundert Stunden Material habe sie in etwa 29 Drehtagen sammeln dürfen, seit 2011 arbeite sie am Projekt. Ob Handke den Film gesehen habe, möchte jemand wissen. Vielleicht gucke er sich ihn in Lissabon an, dort laufe er auch, sagt Belz. „Irgendwann werde ich es noch erfahren, glaube ich.“
Als keine Hand mehr aus dem Publikum hervorragt, bedankt sich die Regisseurin: „Gut, dann gehen wir jetzt zum gemütlichen Teil über.“ Im Anschluss stellt sie sich in persönliche Gesprächen den weiteren Fragen der Zuschauer.
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