Schon zur Zeit der römischen Stadtgründung war das Wasser von Kölle etwas Besonderes. Die römischen Kolonisten deckten den Wasserbedarf ihrer Stadt durch den (heute) sogenannten Römerkanal, des längsten und bedeutendsten Aquädukts des römischen Reiches nördlich der Alpen. Über eine Länge von fast 100 Kilometern führte es der Rheinmetropole aus der Eifel jeden Tag bis zu 20 000 Kubikmeter Wasser zu. Wie bei römischer Wasserversorgungstechnik üblich, sorgte allein das Gefälle der Leitung dafür, dass das kühle Nass sein Ziel erreichte. Die Wassermenge war ausreichend, dass nicht nur ein dichtes Netz aus Brunnen gespeist werden konnte, sondern auch Hausanschlüsse und öffentliche Badehäuser, wie die Therme, die 2007 bei Bauarbeiten in der Nähe des Cäcilienklosters entdeckt wurde.
Eine bewundernswerte Ingenieursleistung, bei der man sich jedoch auch fragen könnte, warum sie in einer an einem Fluss gelegenen Stadt nötig war. Die Antwort liegt darin, dass die Römer hohe Ansprüche an die Wasserqualität stellten und das kalkhaltigere Wasser der Eifel bevorzugten.
Heute ist das Kölner Trinkwasser ebenfalls recht kalkhaltig, stammt jedoch aus dem Grundwasser und zu etwa einem Drittel aus dem Uferfiltrat des Rheins. Auch andere Städte am Lauf des Rheins nutzten diesen zur Wasserversorgung, weshalb die zunehmende Verschmutzung des Flusses in den 60er Jahren des 20. Jahrhundert überhaupt erst als Problem wahrgenommen wurde. Jahrzehntelang ungefiltert eingeleitete Industrieabwässer hatten den Rhein zur größten Kloake Europas gemacht. Erst als die Wasserwerke der Anrainergemeinden Alarm schlugen, weil sie immer größere Schwierigkeiten hatten, aus der Brühe Trinkwasser zu filtern, setzte ein Prozess des Umdenkens ein. Aufgerüttelt wurde die Öffentlichkeit letztlich durch die Rheinvergiftung von 1969, die zu einem massiven Fischsterben führte. Dennoch bedurfte es noch mehrerer Jahrzehnte (und weiterer Chemieunfälle) bevor sich der Zustand des Gewässers Ende der 1980er merklich besserte.
Dank erfolgreicher Gegenmaßnahmen gilt der Rhein heute als biologisch gesund. Der Sauerstoffgehalt ist hoch und zahlreiche Fischarten sind wieder heimisch geworden. So ist auch das Comeback des Rheins eine Erfolgsgeschichte, die man als große Kulturleistung begreifen kann. Zwar ist diese nicht an spektakulären Bauwerken wie Aquädukten festzumachen, doch der Bedarf an frischem Wasser führte zu einem Mentalitätswandel, der zu einem umsichtigeren Umgang mit der Ressource Wasser führte. Heute erscheint Gewässerschutz als ganz selbstverständlich.
Doch ausruhen kann man sich auf der geringen Schadstoffbelastung des Rheins nicht, heute bedrohen neue Gefahren das Gewässer. So wurde Ende 2015 eine Studie veröffentlicht, in der der Rhein auf seine Belastung mit Mikroplastik-Partikeln hin untersucht worden war. Dabei hatten die Forscher mit die größten Konzentrationen von kleinsten Plastikteilchen gefunden, die jemals in einem Meereszufluss gefunden worden waren. Im Bereich von Leverkusen und Köln trug der Strom um die 700 000 Partikel pro Quadratkilometer mit sich – weiter flussabwärts am Niederrhein waren es bereits 2,3 Millionen Partikel. Dabei wurden vor allem Kunststoffe wie Polystyrol, Polyethylen und Polypropylen gefunden, die hauptsächlich für Kosmetika verwendet werden und mit dem Abwasser in den Fluss gelangen – denn Untersuchungen zufolge können heutige Klärwerke das Mikroplastik nicht komplett herausfiltern. Was die winzigen Teilchen anrichten können, wenn sie sich im Ökosystem des Flusses anreichern und ins Trinkwasser gelangen, ist noch weitgehend unerforscht.
Lesen Sie weitere Artikel
zum Thema auch unter: trailer-ruhr.de/thema und engels-kultur.de/thema
Aktiv im Thema
worldwater.org | Stellt Informationen zu Schutz und Bewahrung von Wasser zur Verfügung, Projekt des Pacific Instituts (int. Think Tank zum Thema Wasser)
www.flussgebiete.nrw.de | Informationsseite des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen
iksr.org | Int. Komitee zum Schutz des Rheins
Thema im Mai: ANGSTHASE – Wovor haben wir Angst? Armut, Zukunft oder einfach nur vor Spinnen? Kluge Angst und irrationale Instinkte.
Ängsten begegnen und sie mit Aufklärung überwinden.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.
Teufelszeug Wasser
Von der Schöpfung bis zum Klo – ohne Wasser geht nichts – THEMA 04/16 WASSERSCHADEN
„Wasser als Mittel der Macht“
Kulturwissenschaftler Hartmut Böhme über die Bedeutungsebenen von Wasser – Thema 04/16 Wasserschaden
Kampf um Kalorien
Intro – Den Bach runter
Keine Frage der Technik
Teil 1: Leitartikel – Eingriffe ins Klimasystem werden die Erderwärmung nicht aufhalten
„Klimakrisen sind nicht wegzureden“
Teil 1: Interview – Der Ökonom Patrick Velte über die Rückabwicklung von Nachhaltigkeitsregulierungen
Von Autos befreit
Teil 1: Lokale Initiativen – Einst belächelt, heute Vorbild: Die Siedlung Stellwerk 60 in Köln
Der Ast, auf dem wir sitzen
Teil 2: Leitartikel – Naturschutz geht alle an – interessiert aber immer weniger
„Extrem wichtig, Druck auf die Politik auszuüben“
Teil 2: Interview – NABU-Biodiversitätsexperte Johann Rathke über Natur- und Klimaschutz
Unter Fledermäusen
Teil 2: Lokale Initiativen – Der Arbeitskreis Umweltschutz Bochum
Nach dem Beton
Teil 3: Leitartikel – Warum wir bald in Seegräsern und Pilzen wohnen könnten
„Städte wie vor dem Zweiten Weltkrieg“
Teil 3: Interview – Stadtforscher Constantin Alexander über die Gestaltung von Wohngebieten
Für eine gerechte Energiewende
Teil 3: Lokale Initiativen – Das Wuppertaler Forschungsprojekt SInBa
Vielfalt in den Feldern
Belohnungen für mehr Biodiversität in der Landwirtschaft – Europa-Vorbild: Österreich
Was bleibt
Die Natur und wir – Glosse
Hört das Signal
Intro – Gesund und munter
So ein Pech
Teil 1: Leitartikel – Opfer von Behandlungsfehlern werden alleine gelassen
„Der Arzt muss dieses Vertrauen würdigen“
Teil 1: Interview – Kommunikationswissenschaftlerin Annegret Hannawa über die Beziehung zwischen Arzt und Patient
Gesundheit ist Patientensache
Teil 1: Lokale Initiativen – Die Patientenbeteiligung NRW in Köln
Heimat statt Pflegeheim
Teil 2: Leitartikel – Seniorengerechtes Bauen und Wohnen bleibt ein Problem
„Wo Regelmäßigkeit anfängt, sollte Nachbarschaftshilfe aufhören“
Teil 2: Interview – Architektin Ulrike Scherzer über Wohnen im Alter
Gemeinsam statt einsam
Teil 2: Lokale Initiativen – Wohnen für Senior:innen bei der Baugenossenschaft Bochum
Privatvergnügen
Teil 3: Leitartikel – Die Zweiklassenmedizin diskriminiert die Mehrheit der Gesellschaft
„Das Gesundheitssystem wird unter Druck geraten“
Teil 3: Interview – Arzt Bernhard Winter über den Vorwurf einer Zweiklassenmedizin
Verbunden für die Gesundheit
Teil 3: Lokale Initiativen – Wuppertals Selbsthilfe-Kontaktstelle unterstützt Bürgerengagement
Senioren und Studenten müssen warten
Das Wohnprojekt Humanitas Deventer verbindet Generationen – Europa-Vorbild: Niederlande