Anne Franks Geschichte wird in die Gegenwart katapultiert: Nach den beiden preisgekrönten „Waltz with Bashir“ (2008) und „The Congress“ (2013) legt Ari Folman mit „Wo ist Anne Frank“ (Cinenova, Filmhaus, Lichtspiele Kalk, Rex) nun ein weiteres Meisterwerk seiner experimentellen Animations-Kunst vor. Und der Sohn von Holocaust-Überlebenden stellt sich dabei einer großen künstlerischen wie moralischen Herausforderung, indem er das schon unzählige Male von allen nur erdenklichen Medien interpretierte „Weltdokumentenerbe“ aus seiner Historie in die Jetztzeit holt: Ein Kunstgriff, der einerseits ein neues, junges Publikum unterhaltsam für unsere unrühmliche Vergangenheit sensibilisiert – aber auch Parallelen zur Gegenwart zieht. Die wirken bisweilen zwar ein wenig bemüht, werden aber durch das beeindruckende Animations-Design und den emotionsgeladenen Soundtrack von Karen O und Benjamin Goldwasser zu einem berührenden Erlebnis.
Joachim Meyerhoff wuchs mit seinen beiden älteren Brüdern auf dem Gelände einer Kinder- und Jugendpsychiatrie in Schleswig-Holstein auf, sein Vater war Leiter der Institution. Mit „Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war“ (Cinedom, Cinenova, Odeon, Rex, Weisshaus) kommt nun Meyerhoffs Roman auf die Leinwand – verfilmt von Sonja Heiss. Laura Tonke übernimmt die Rolle der Mutter, Devid Striesow spielt den Vater. In diesem Drama reichen sich Glück und Leid mal munter, mal schmerzvoll die Hand. Und Heiss versteht es, das Ganze wundervoll im Gleichgewicht zu halten. Das Drama folgt Joachim und den familiären Konflikten von 1974 bis ins Jahr 1996. Merlin Rose, der Meyerhoff als 25-Jährigen verkörpert, hat nicht mehr viel Spielzeit im Schlussakkord, und so überzeugen vor allem Camille Loup Moltzen als siebenjähriger und Arsseni Bultmann als 14-jähriger Joachim. Erwähnt werden muss die außerordentlich gelungene Einbindung von Patient:innen mit geistiger Behinderung.
Außerdem neu in den Kinos: Marine Barnérias' MS-Doku „Rosy - Aufgeben gilt nicht“ (Odeon), Astar Elkayams Liebesgeschichte „Two“ (20.2. im Cineplex), Shekhar Kapurs romantische Komödie „What's Love Got to Do with it“ (Cinedom, Cineplex, Residenz, Rex, UCI, OmU im Metropolis, OV im Cinedom und UCI) und Will Merricks und Nicholas D. Johnsons Thriller „Missing“ (Cinedom, Cineplex, UCI, OV im Cineplex).
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.
Glück gehabt?
Die Filmstarts der Woche
Improvisationen der Liebe
„Romeo und Julia. Ich fühl‘s nicht“ am Theater im Bauturm – Auftritt 07/25
Keine Frage der Technik
Teil 1: Leitartikel – Eingriffe ins Klimasystem werden die Erderwärmung nicht aufhalten
„Vielleicht wird die Kindheit outgesourct“
Regisseurin Viola Neumann über „Das Experiment“ am Freien Werkstatt Theater – Premiere 07/25
Sommergefühle
Leichte Kino-Kost im Juli – Vorspann 07/25
Chaos
NRW kürzt bei freien Tanzgruppen – Tanz in NRW 07/25
Unter blauäugigen Hunden
„Traudl Junge – Im Schatten des Bösen“ in der Alten Feuerwache – Theater am Rhein 06/25
Rebellion gegen Repression
Der 13. Asientag in Köln – Spezial 06/25
Auf der Straße
Drei Vertreter der Street Photography im Museum Ludwig – kunst & gut 06/25
Für stille Momente
Das Even Flow Festival am Tanzbrunnen – Festival 06/25
Lebendige Musikgeschichte
Sopranistin Hanna-Elisabeth Müller in Köln – Klassik am Rhein 06/25
Die Hinrichtung der Wahrheit
„Prima Facie“ am Theater im Bauturm – Auftritt 06/25
Der Engel der Geschichte
„Die letzten Tage der Menschheit“ an der Oper Köln – Oper in NRW 06/25
„Erdig, nahbar, ehrlich“
Das Performance-Duo Katze und Krieg über „Alles wirklich“ im öffentlichen Raum – Premiere 06/25
Bis zur Neige
„Der Durst“ von Thomas Dahl – Literatur 06/25
Flucht ins Metaverse
„Glühfarbe“ von Thea Mantwill – Literatur 06/25
Dem Himmel nah
Raimund Abraham auf der Raketenstation Hombroich – Kunst in NRW 06/25
Im Reich der unsichtbaren Freunde
„Solche Freunde“ von Dieter Böge – Vorlesung 06/25
Raum für Migrationsgeschichte
Die Pläne für das Aussehen des Kölner Museums Selma – Spezial 06/25
Ein Hund als Erzähler
„Zorro – Anas allerbester Freund“ von Els Pelgrom und Sanne te Loo – Vorlesung 06/25
Geschosse umarmen
Drei Ausstellungen in Köln erweitern das Bewusstsein – Galerie 06/25
Gesundheit ist Patientensache
Teil 1: Lokale Initiativen – Die Patientenbeteiligung NRW in Köln
Die Suche nach der Seele
„Rusalka“ in Düsseldorf – Oper in NRW 06/25
Neugier auf Neues
Johanna Summer und Malakoff Kowalski in Düsseldorf – Improvisierte Musik in NRW 06/25
Wenn der Shareholder das Skalpell schwingt
… und der Patient zur Cashcow wird – Glosse