Am Anfang nervt Anaïs nur. Ständig rennt sie, ist zu spät dran, quasselt ununterbrochen. Niemand kommt bei der quirligen Dreißigjährigen zu Wort. Dabei ist Anaïs rastlos, weil sie fest steckt. Ihre Doktorarbeit liegt auf Eis, pleite ist sie auch. Bei aller Lockerheit nimmt sie nur eines sehr ernst: die Liebe. Als sie die ältere Schriftstellerin Émilie kennenlernt, mit deren Mann sie eine lauwarme Affäre hat, versucht sie alles, um ihr nah zu sein. Die flirrende Chemie zwischen Anaïs Demoustier und Valeria Bruni Tedeschi rettet die zweite Hälfte von „Der Sommer mit Anaïs“ (OmU im OFF Broadway und in der Bonner Kinemathek), dem Spielfilmdebüt von Charline Bourgeois-Tacquet. Nach unausgegorenem Auftakt fesselt die sinnliche Geschichte dieser ungewöhnlichen Eroberung und mündet in eine federleichte Sommerromanze, die aus konsequent weiblicher Perspektive inszeniert ist.
Der Alltag einer Vater-Mutter-Kind-Familie wird durcheinandergewirbelt, als plötzlich ein Albaner im Haus auftaucht, der die defekte Sanitäranlage im Bad schwarz reparieren soll. Wie sich herausstellt, verbindet ihn mehr mit der glücklichen deutschen Familie, als es zunächst den Anschein hat. In seinem zweiten Kinofilm (nach „Wir Monster“) entwirft Sebastian Ko in „Geborgtes Weiß“ (Filmpalette) ein wortkarges, psychologisch tief auslotendes Familiendrama. Wie bei dem wiederholten „Tatort“-Regisseur fast nicht anders zu erwarten, erzeugt er nebenbei auch eine unheilvolle, spannende Atmosphäre, die trotz der Weite der poetisch eingefangenen Landschaftsaufnahmen eine Enge und Unauswegbarkeit transportiert, die das Publikum zu fesseln versteht. Von der namhaften Darstellerriege auch exzellent gespielt.
Regisseur Sebastian Ko stellt seinen Film am Mitrtwoch, 20.7. um 21 Uhr im Filmhaus Kino vor.
Tanz ist tabu im Iran. Doch der Mensch tanzt, und so trifft sich eine Handvoll junger Iraner in einem versteckten Studio in Teheran. Die Filmemacherin Sarvnaz Alambeigi bringt den Tänzer:innen die vergessene Geschichte des iranischen Tanzes vor der Revolution nah, unter anderem über Exiltänzer und mit Filmaufnahmen des einstigen Nationalballetts. „1001 Nights Apart“ (OmU im Filmhaus) ist eine vor Tanzlust schwingende Doku über die Bewegung des Körpers und des Geistes - und die Geschichte einer Annäherung.
Außerdem neu in den Kinos: Alex Garlands Horror-Satire „Men“ (Cinedom, Cineplex, Rex am Ring, UCI, OmU im OFF Broadway), Philippe de Chauverons Komödienfortsetzung nach bewährtem Schema „Monsieur Claude und sein großes Fest“ (Cinedom, Cinenova, Cinenova Open Air, Cineplex, Odeon, Residenz, Rex am Ring, UCI; Schauspielerin Salimata Kamate ist am Dienstag, 19.7. erst zu Gast im Odeon und dann im Sion Sommerkino), Louie Psihoyos' und Peggy Callahans Doku „Mission: Joy - Zuversicht & Freude in bewegten Zeiten“ (Weisshaus), Gaz Alazrakis Familienkomödie „Der Vater der Braut“ (Cinedom, Rex am Ring, UCI) und Detlev Bucks fünfter Freundinnen-Film „Bibi & Tina - Einfach anders“ (Cinedom, Cinenova, Cineplex, Metropolis, Rex am Ring, UCI).
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