See How They Run
Großbritannien 2022, Laufzeit: 98 Min., FSK 12
Regie: Tom George
Darsteller: Sam Rockwell, Saoirse Ronan, Adrien Brody
>> www.seehowtheyrun.de/
Charmante Whodunit-Komödie
Falsche Schlüsse
„See How They Run“ von Tom George
Es ist und bleibt ein Kuriosum: Seit 1952 wird Agatha Christies gefeierter Whodunit-Krimi „The Mousetrap“ nonstop auf der Bühne im Londoner Westend gespielt und ist damit bis heute das am längsten laufende Theaterstück der Welt. Das filmreife Drama hat es allerdings bisher nicht auf die Leinwand geschafft – weil eine Beschränkung auferlegt, dass der Plot erst dann verfilmt werden darf, wenn der Vorhang auf der Londoner Bühne ein halbes Jahr gefallen ist. Die Theatermacher aber pfeifen auf einen letzten Vorhang – und vereiteln damit derlei Ambitionen anhaltend erfolgreich. Einen Film zu drehen rund um den Handlungsort des Stücks im Londoner Westend: Das wiederum ist nicht verboten. Also schreibt der britische Drehbuchautor Mark Chappell das Script zu dieser Krimikomödie: Ein Whodunit rund um den Whodunit. Regiedebütant Tom George verfilmt’s, und darum geht’s:
London 1953: Leo Köpernick (Adrien Brody), arroganter und selbstverliebter Regisseur des Bühnenhits, ist drauf und dran, den Stoff für’s große Kino zu adaptieren, da stolpert er über die besagte Klausel und wird zu allem Überfluss auch noch – ermordet! Große Aufregung, und jede Menge Verdächtige auf und hinter der Bühne, unter ihnen der junge Richard Attenborough (Harris Dickinson) und „African Queen“-Produzent John Woolf (Reece Shearsmith). Zwei Polizisten betreten den Backstagebereich: Inspektor Stoppard (Sam Rockwell), erfahrener Routinier mit den Fahrgepflogenheiten eines Frank Drebbin („Die nackte Kanone“), und seine Assistentin, die überambitionierte Nachwuchsdetektivin Constable Stalker (Saoirse Ronan). Und damit ist die muntere Mörderjagd eröffnet.
Seien es die Remakes legendärer Agatha Christie-Verfilmungen durch Kenneth Branagh („Mord im Orient-Express“, „Tod auf dem Nil“) oder „Knives Out“, der nur so tut, als wäre er aus der Feder der berühmten Krimiautorin – Whodunits à la Christie erfreuen sich wieder hoher Beliebtheit im Kino. „See How They Run“ setzt sich da nun sympathisch und originell drauf. Die Komödie bettet sich nicht nur anmutig und adrett ins historische Ambiente, es wird auch munter mit der Prominenz der Filmgeschichte kokettiert – und überhaupt mit allerlei Formaten und Verweisen, mit denen sich hier Theaterbühne und Leinwand duellieren. Dabei tun sich immer wieder gewitzt Metaebenen auf, ohne dabei zu offensiv in den Vordergrund zu rücken und die Geschichte zu stören. Und, wie immer, ganz wunderbar: Saoirse Ronan („Lady Bird“), die hier überpünktlich, wach und fokussiert als junge Polizistin agiert, ihren eigenbrötlerischen Chef mit Detailinformationen überschüttet und vor allem fortwährend falsche Schlussfolgerungen zieht und den Fall frühzeitig, wiederholt und fälschlicherweise als abgeschlossen erachtet. Und die damit augenzwinkernd uns, die rätselnden Zuschauer spiegelt, die wir Indizien aufsaugen, kombinieren und uns in permanente Fehldeutungen verstricken. „See How They Run“ ist eine kleine, kuschlige Krimikomödie mit frechen Querverweisen, vergnüglich inszeniert und von Daniel Pemberton munter musikalisch begleitet.
(Hartmut Ernst)
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