Nawalny
USA 2022, Laufzeit: 98 Min., FSK 12
Regie: Daniel Roher
>> dcmstories.com/movie/nawalny/
Dokuthriller über Nawalnys Kampf
Sowas von dumm!
„Nawalny“ von Daniel Roher
2013 legt sich Edward Snowden mit der Regierung seines Landes an und teilt streng geheime Daten der NSA mit internationalen Zeitungsredaktionen. Snowden sitzt zu dem Zeitpunkt in einem Hotel in Hongkong, danach setzt er sich ab nach Russland. Der Dokumentarfilm „Citizenfour“ begleitet Snowden in den aufreibenden Stunden, aus der Doku wird ein Thriller. Ein Dokuthriller.
2020 wird der russische Oppositionspolitiker Alexei Nawalny, der sich seit Jahren offensiv mit der Regierung seines Landes anlegt, auf der Flugreise von Sibirien nach Moskau vergiftet. Das Attentat geht schief, weil das Flugzeug den Flug ungeplant unterbricht und weil es gelingt, Nawalny in Deutschland behandeln zu lassen. In seinem Blut findet man Nowitschok, ein Nervengift aus der Sowjetzeit. Nawalny kuriert, trifft den Dokumentarfilmer Daniel Roher und den bulgarischen Investigativ-Journalisten Christo Grozev. Gemeinsam mit anderen spüren sie die Hintermänner des Giftanschlags auf – und kontaktieren sie unter falschem Vorwand. Einer redet. Aus der Doku wird ein Thriller. Ein Dokuthriller.
Roher blickt zurück auf Nawalny Oppositionsarbeit und begleitet ihn nach dem gescheiterten Mordversuch durch die Genesung, dokumentiert die Vorbereitung seines Gegenschlags, die mediale Veröffentlichung und Nawalnys Rückkehr in seine Heimat, wo er seither in verschärfter Lagerhaft festsitzt. Ein Interview mit Nawalny rahmt den Film, in dem er das Geschehene kommentiert, sein Selbstverständnis und seine Visionen darlegt, in dem er eine Botschaft setzt an sein Volk für den Fall einer Inhaftierung.
Der Film kommt angesichts des währenden russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine zur rechten Zeit ins Kino und unterstreicht das, was die Meldungen tagtäglich offenbaren: die grausame, durchtriebene Plumpheit der russischen Führung, die offenkundige Durchschaubarkeit, das unverhohlene Lügengerüst – und die frustrierende Erkenntnis, dass Putin mit seinen KGB-Methoden schon viel zu lang durchkommt. Interessant die Rolle vom Dark Net, interessant die Rolle von Telegram, die im Falle Nawalnys dahingehend genutzt werden, demokratische Strömungen zu stärken. Das Internet als freiheitliches, demokratisches Konzept ist gescheitert. Auch wenn die Idee dahinter nicht grundverkehrt ist – es kommt halt darauf an, was der Mensch daraus macht. Interessant auch, inwiefern Nawalny in früheren Jahren mit Rechtsextremen kooperierte. Da mögen Querdenker hierzulande vorfreudig aufhorchen – doch in der Motivation Nawalnys, mag sie auch zweifelhaft bleiben, wird sich kein Querdenker wiederfinden.
Die Doku von Daniel Roher ist nicht bloß Thriller – sie liefert darüber hinaus ambivalente Einblicke in unsere komplexe, kaputte Welt. Das ist so lehrreich wie unterhaltsam, spannend und zynisch, so traurig wie wahr. Wie Wolodymyr Selenskyj in der Ukraine ist Nawalny bewandert in den (Neuen) Medien, aufrecht, mutig, freiheitsliebend – und ein Clown. Und ein Mensch, der bei den Menschen ist, während hierzulande Künstler und „Intellektuelle“ aus ihrem Wohlstandssessel heraus fortwährend lächerlich weltentrückte Pamphlete in die Welt setzen. Nicht das russische Volk muss aufwachen, sondern das deutsche. Auch das führt diese Doku vor, die ein Thriller ist und so viel mehr.
Sommergefühle
Leichte Kino-Kost im Juli – Vorspann 07/25
Im Abschiebegefängnis
„An Hour From the Middle of Nowhere“ im Filmhaus – Foyer 06/25
Fortsetzung folgt nicht
Serielles Erzählen in Arthouse und Mainstream – Vorspann 06/25
Wohnen im Film
Die Reihe Filmgeschichten mit „Träumen von Räumen“ im Filmforum NRW – Filmreihe 05/25
Der Filmfrühling ist angebrochen
Die erste Jahreshälfte startet mit bedeutenden Filmfestivals – Vorspann 04/25
Filmischer Feminismus
Das IFFF 2025 in Köln – Festival 04/25
Über die Todesangst
„Sterben ohne Gott“ im Filmhaus – Foyer 03/25
Alles für die Musik
Publikumspremiere von „Köln 75“ im Cinenova – Foyer 03/25
Schlechte Zeiten?
Merz im März und ernste Kost im Kino – Vorspann 03/25
Mit Trauer umgehen
„Poison – Eine Liebesgeschichte“ im Odeon – Foyer 02/25
Gute Zeiten
Wie lang darf ein Film sein? – Vorspann 02/25
Bittersüße Dystopie
„Ein schöner Ort“ in der Aula der KHM – Foyer 01/25
Zeit-Fragen
Symposium der dokumentarfilminitiative im Filmhaus – Foyer 01/25
Kino als Empathie-Maschine
Warum wir Kino in Zukunft mehr brauchen denn je – Vorspann 01/25
Der Salzpfad
Start: 17.7.2025
The Life of Chuck
Start: 24.7.2025
Das Kanu des Manitu
Start: 14.8.2025
Willkommen um zu bleiben
Start: 14.8.2025
Der Kuss des Grashüpfers
Start: 21.8.2025
Stark durch Solidarität
„Billige Hände“ im Filmhaus – Foyer 12/24
In die Sonne schauen
Start: 28.8.2025
Wenn der Herbst naht
Start: 28.8.2025
22 Bahnen
4.9.2025
Übers Ankommen in Deutschland
„Zwischen Sein und Nichtsein“ von Leocadie Uyisenga – Film 12/24
Toleranz zum Jahresende
Mit Kino zu mehr Empathie finden – Vorspann 12/24