America
Israel, Deutschland, Tschechische Republik 2022, Laufzeit: 127 Min., FSK 12
Regie: Ofir Raul Grazier
Darsteller: Oshrat Ingadashet, Michael Moshonov, Ofri Biterman
Ästhetisches und stimmiges Charakterdrama
Tragischer Unfall
„America” von Ofir Raul Graizer
Ofir Raul Graizers Langfilmdebüt „Der Kuchenmacher“ beschritt 2017 im queeren Kino ungewöhnliche Wege. Anstatt sich mit dem Auf und Ab in einer schwulen Beziehung zu beschäftigen oder ein Coming Out zu thematisieren, wurden hier die homosexuellen Elemente bereits in den ersten Minuten abgehandelt. Einer der beiden Männer stirbt schon kurz darauf bei einem Unfall, und der Hinterbliebene begibt sich auf eine Spurensuche – und muss in einem anderen Land, Israel, erkennen, dass sein Ex dort eine Frau und einen Sohn hatte. Viele dieser Motive finden sich nun auch in Graizers zweitem Spielfilm „America“ wieder, der abermals zwischen verschiedenen Ländern pendelt, einen bisexuellen Protagonisten hat und von einem tragischen Unfall handelt. Nichtsdestotrotz könnte das Gesamtergebnis kaum unterschiedlicher sein zu „Der Kuchenmacher“, sowohl thematisch als auch hinsichtlich seiner visuellen Gestaltung.
Eli Greenberg (Michael Moshonov) ist ein begeisterter Schwimmer, der in die USA ausgewandert ist und dort unter dem Namen Ilay Cross als Schwimmtrainer arbeitet. Aufgrund seiner Namensänderung hat es eine Weile gedauert, bis ihn die Behörden vom Tod seines Vaters unterrichten können, von dem er sich entfremdet hatte. Zurück in Israel sucht er dort seinen Kindheitsfreund Yotam (Ofri Biterman) auf, der kurz davor steht, Iris (Oshrat Ingadashet) zu heiraten. Die beiden Männer unternehmen einen Ausflug zu einem Wasserfall, den sie auch als Kinder oft besucht hatten. Als Yotam unglücklich ausrutscht, schlägt er mit dem Kopf auf einen Stein und fällt ins Koma. Zunächst gibt die Familie Eli die Schuld dafür, doch nach einiger Zeit gelingt es diesem, sich mit Iris anzufreunden. Ofir Raul Graizers neuer Film ist in erster Linie ein stimmiges Charakterdrama, das auch in den klinischen Aspekten rund um Yotams Verletzung detailreich und glaubwürdig gestaltet ist. Im Mittelpunkt der Handlung stehen aber Iris und Eli, die im Laufe des Films einen langen Prozess innerhalb ihrer Beziehung zueinander durchlaufen. Nur beiläufig werden dabei kleine Hinweise gesät, dass Eli früher auch mal was mit Männern hatte. In Bezug auf seine Freundschaft mit Yotam wird das aber nie konkreter ausformuliert, was den Spannungsgehalt der Geschichte aber nur noch erhöht. Sämtliche Darsteller erfüllen ihre komplexen Figuren mit Leben, und die ausgesprochen ästhetische Kameraführung von Omri Aloni lädt das Publikum geradezu ein, in den herrlichen Bildtableaus zu versinken.
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