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Freut sich auf ein radikales Kinojahr 2016: Christian Meyer

Extreme Zeiten, extreme Filme?

22. Dezember 2015

Die Dramen und der Horror der Gegenwart gehören ins Kino – Vorspann 01/16

Das Kinojahr 2015 neigt sich dem Ende, und die Zahlen sehen gut aus. Neben Publikumserfolgen wie „Fifty Shades of Grey“, „Fast & Furious 7“, den „Minions“ und natürlich dem neuen Bond „Spectre“ – „Star Wars“ wird kurz vor Jahresende wohl noch mal alle überflügeln – liegt der Anteil deutscher Produktionen sehr hoch bei 28 %. Das hat man aber kaum den deutschen Dramen und auch nicht spektakulären Genrefilmen zu verdanken, sondern allein der Komödie. In diesem Jahr sind nicht mehr Schweiger und Schweighöfer die Retter der Statistik, sondern „Er ist wieder da“ und an der Spitze der Jahrescharts mit 7,5 Mio. Zuschauern „Fack ju Göhte 2“ mit seinem Brachialhumor. Noch mehr Brechstange gibt es bei dem neuen Phänomen YouTuber-machen-Kinofilme. „Kartoffelsalat“ hat mit über 300.000 Besuchern gezeigt, was möglich ist, Heiligabend folgt ein zweiter Versuch mit dem vielversprechenden Titel „Bruder vor Luder“. Auch das YouKino macht Komödien. Funktioniert deutsches Kino nur massenwirksam, wenn gelacht wird … oder werden soll?

In der zweiten Jahreshälfte beschäftigten sich in Köln diverse Symposien und Kongresse mit der Frage, wie es um den deutschen Film im Allgemeinen und im Speziellen steht? „Wir können auch anders“ behauptete im September ein Symposium und erforschte Erzähltraditionen im deutschen Film. Dominik Graf, Doris Dörrie, Dietrich Brüggemann, Adolf Winkelmann und Jan Schomburg diskutierten kontrovers ihre unterschiedlichen Ansätze zwischen Individualismus und Konformität, Genre und Autorenfilm. Im Oktober wurden auf einer Veranstaltung die Möglichkeiten des dokumentarischen Porträts beleuchtet. Viele Filmausschnitte bebilderten die Gespräche der geladenen FilmemacherInnen, darunter Andres Veiel oder Fosco Dubini. Und im Dezember diskutierten Regisseure, Produzenten, Redakteure und Autoren, wie es um den deutschen Genrefilm bestellt ist. Dass es dort einen Mangel gibt, zeigen die eingangs zitierten Charts. Dass es den nicht immer gab, ist mit Blick auf die monumentalen Historiendramen, Science Fiction, Krimis und Horrorfilme der Stummfilmära, aber auch der Nachkriegszeit bestens belegt.

Unter dem Stichwort „Neuer deutscher Genrefilm“ gibt es in jüngster Zeit wieder vermehrt größere als auch kleinere, unabhängige Produktionen. Bislang ist weder das eine noch das andere an den Kinokassen sonderlich erfolgreich. Deutsche Horror- oder Zombiefilme, Science Fiction oder Fantasy haben es gegenüber der meist amerikanischen Konkurrenz schwer. Vor allem, wenn es sich um mäßige Kopien der Vorbilder handelt. Dabei könnten hier und jetzt doch ganz eigene Perspektiven entstehen. Wenn sich die Themen aus der Wirklichkeit der Gegenwart entwickeln, dann kann Genrekino nicht nur als gutes Affektkino funktionieren, sondern auch etwas über uns und unsere Gesellschaft erzählen. Wer weiß – für das kommende Jahr gilt eventuell die Losung: Extremere Zeiten, extremere Filme.

Christian Meyer

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