Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
25 26 27 28 29 30 31
1 2 3 4 5 6 7

12.554 Beiträge zu
3.784 Filmen im Forum

Good News: „Un Paese di Calabria“
Foto: Tita Productions

Eine Welt namens Wirklichkeit

24. Januar 2017

Das Dokumentarfilmfestival „Stranger than Fiction“ – Festival 02/17

Das Kölner Dokumentarfilmfestival, das seit einigen Jahren sein Programm auch in vielen anderen Städten in NRW wie Bochum, Dortmund, Duisburg, Düsseldorf, Essen, Mülheim und Münster oft als Premieren und mit vielen Gästen präsentiert, hat sich in den letzten 18 Jahren mit der Präsentation von Filmen einen Namen gemacht, die eine Welt zeigen, die spannender, verrückter und außergewöhnlicher erscheint als alles, was man sich in Spielfilmen so ausdenken könnte. Diese Welt nennt sich Wirklichkeit. Anfang 2017 ist es leider ein Allgemeinplatz geworden, dass die Wirklichkeit verrückter ist als die Fiktionen aus Hollywood. An den Qualitäten des Festivals und der Filme, die es zeigt, ändern aber weder Terror, Krieg, Vertreibung, Korruption, Spionage noch fragwürdige Machthaber etwas. Im Gegenteil: Die hier gezeigten Filme ermöglichen es uns, diesen Irrsinn etwas besser zu verstehen. Mit einem genauen Blick auf die Vergangenheit, die Zukunft und natürlich die Gegenwart.

Selbstverständlich ist die Flüchtlingskrise ein Thema auf dem Festival: Philip Scheffner sucht einen ungewöhnlichen Umgang: Ein Loop einer Archivaufnahme von Flüchtlingen in einem Schlauchboot auf dem Mittelmeer unterlegt er mit Gesprächen von Flüchtlingen, Arbeitern auf Frachtschiffen und dem Funkverkehr auf dem Mittelmeer zur Situation der Flüchtlingskrise („Havarie“). Gleich mehrere Filme widmen sich Themen in Afrika und dem Nahen Osten: „Cahier africain“ ist ein Protokoll von den überlebenden Opfern von Kriegsverbrechen im Kongo. Filme wie „The Art of Moving“ oder „Un Paese di Calabria“ zeigen auch, was Menschen tun, um diese Welt zu einer besseren zu machen. „The Art of Moving“, der als NRW-Premiere auf dem Festival läuft, porträtiert eine Gruppe von syrischen Videoaktivistinnen, die in der Türkei lebt und allen Anfeindungen in den Sozialen Netzwerken trotzt. Der italienische Film „Un Paese di Calabria“ ist nicht nur ein Paradebeispiel für Good News. Er erzählt in einer wundersamen Geschichte, wie es auch anders gehen kann als in den täglichen negativen Schlagzeilen: Als im Jahr 2008 ein Schiff mit 200 Kurden an der Küste des italienischen Dorfs Riace strandet, nehmen die Dorfbewohner die Fremden in den leerstehenden Häusern auf. Denn das Dorf war schon lange von der Landflucht betroffen. Kurz darauf blüht die Region wieder auf – dank der neuen Mitbewohner. Auch die Dokumentation „Martha & Niki“ schert aus dem üblichen Problemkatalog aus und lässt uns an der ungewöhnlichen Karriere zweier Musikerinnen teilhaben, die als erstes weibliches Hip-Hop-Tänzerinnen-Duo World Champions geworden sind. Musikdokumentationen gibt es mehrere auf dem Festival. Am prominentesten ist sicherlich Jim Jarmuschs heiß erwarteter neuer Film „Gimme Danger“, mit dem er sich Iggy Pop und seiner ersten Band The Stooges widmet, einer der bedeutendsten Rockbands der Geschichte, die lange vor Punk half, die 60er Jahre auszutreiben. Durch seine besondere Perspektive fasziniert „S for Stanley“, der von dem Italiener Emilio erzählt, der nach dem schnellen Ende seiner Rennfahrerkarriere Fahrer in der Filmbranche wurde, vor allem für Stanley Kubrick.

Neben internationalen Dokumentarfilmen zeigt das Festival ab dem 27. Januar auch gezielt Filme aus der agilen Dokumentarfilmszene in NRW. Susanne Binninger, die Gewinnerin des Gerd-Ruge-Stipendiums 2016, wird in einem Werkstattgespräch außerdem über die Arbeit an ihren Film „Fighter“ sprechen, der einen Mixed Martial Arts-Kämpfer begleitet.

Dokumentarfilmfest „Stranger than Fiction“ | ab 27.1. | www.strangerthanfiction-nrw.de

Das Programm:

Fr. 27.1. 20:00: Erzähl es niemandem! (Filmforum, mit Regisseur Klaus Martens, Autorin Randi Crott, Filmteam und Protagonisten)
Sa. 28.1. 18:00: The Art of Moving (OmeU, Filmforum, mit Filmteam)
Sa. 28.1. 21:00: Gimme Danger (OmU, Filmforum)
So. 29.1. 15:00: Where is Rocky II (OmU, Filmforum)
So. 29.1. 17:00: Kokolampy (Filmforum, mit Regisseur Hajo Schomerus)
So. 29.1. 19:30: S is for Stanley (OmeU, Filmforum)
Mo. 30.1. 19:30: Havarie (OmU, Filmpalette, mit Regisseur)
Di. 31.1. 19:30: KHM Kurzfilmprogramm (Filmpalette, mit Regisseuren Julius Dommer und Jens Mühlhoff)
Mi. 1.2. 19:30: Fighter (Filmpalette, mit Regisseurin Susanne Binninger)

Do. 2.2. 19:30: Un paese di Calabria (OmeU, Filmpalette)
Fr. 3.2. 19:30: Martha & Niki (OmeU, Filmpalette)
Sa. 4.2. 17:00: Zum Schluss bleibt nur die Berberitze (Filmpalette, mit Regisseurin Lia Sudermann)
So. 5.2. 15:00: Beer Brothers (Filmpalette, mit Regisseuren Michael Chauvistré und Miriam Pucitta)
So. 5.2. 17:30: Return of the Atom (OmU, Filmpalette, mit den Regisseuren Mika Taanila und Jussi Eerola)
Mo. 6.2. 19:30: Cahier Africain (OmU, Filmpalette, mit Regisseurin Heidi Specogna)
Di. 7.2. 19:30: Bruder Jakob (Filmpalette, mit Regisseur Elí Roland Sachs)
Mi. 8.2. 20:00: Shakespeares Insel (Schauspiel Offenbachplatz, mit Regisseur Fosco Dubini)

Christian Meyer-Pröpstl

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Chantal im Märchenland

Lesen Sie dazu auch:

Filmgeschichten, die das Leben schreibt
Neue Dokumentarfilme aus einer verrückten Welt – Festival 01/24

Vom Kleinen zum ganz Großen
„Stranger than Fiction“ traut sich was – Festival 02/22

Mehr als Fakten
Beim Stranger than Fiction-Dokumentarfilmfest – Festival 02/19

Der letzte jiddische Dichter
„Schwarzer Honig“ in der Filmpalette – Foyer 02/19

Film für die Großmutter
„Mamacita“ im Filmforum – Foyer 01/19

Filme über Filme
Das NRW-Dokumentarfilmfestival Stranger than Fiction – Festival 01/19

Flüchtlingsschicksale
„Exodus – Der weite Weg“ in der Außenspielstätte am Offenbachplatz – Foyer 03/18

Deutsche Genrefilme
„Offene Wunde deutscher Film“ in der Filmpalette – Foyer 02/18

Die musikalische Poetin
„Anne Clark – I'll Walk Out Into Tomorrow“ bei Stranger Than Fiction – Foyer 02/18

Der Preis eines Menschenlebens
Stranger Than Fiction: Karin Jurschick stellt „Playing God“ vor – Foyer 02/18

Große Stars und kleine Leute
Außergewöhnliche Biografien bei „Stranger than Fiction“ – Festival 01/18

Dann war alles anders
Das KHM Kurzfilmprogramm bei Stranger than Fiction – Foyer 02/17

Festival.

Hier erscheint die Aufforderung!