Angesichts des Ausmaßes des Missbrauchsskandals und des Mangels an zufriedenstellenden, konkreten Veränderungen, treten immer mehr Menschen aus der Kirche aus – Menschen, die sich mit dieser Kirche nicht mehr identifizieren können oder wollen.
Für die Frauen von „Maria 2.0“ ist das keine Option. Sie wollen ein Zeichen setzen. „Jetzt ist die Zeit zu handeln“, so die Vorsitzende des Katholischen Deutschen Frauenbundes Köln, Rotraut Röver-Barth. Für sie hat der Missbrauchsskandal seine Ursache im kirchlichen Machtmissbrauch, der auch in der systematischen Ausgrenzung von Frauen Ausdruck findet.
Der Vorwurf: „Wir Frauen sind nur gut für Feste, für die Altenpflege und fürs Putzen“, so eine Teilnehmerin, die zum Auftakt der Streikaktion am 11. Mai aus Refrath nach Köln gekommen ist. Die Führungspositionen hingegen blieben Männern vorbehalten. So forderten sie beim Protestmarsch von der Kuniberts- zur Agneskirche nicht nur „Kein Amt für Täter“ und „Keine sexuelle Gewalt“, sondern auch „Gerechtigkeit für Frauen“. Es geht ihnen um die Gleichberechtigung von Frauen und Männern, um eine Veränderung der Kirche in Richtung Zukunft. Denn, dass die Katholische Kirche zu sehr an ihren Traditionen – etwa dem Zölibat – hängt, bekomme sie mittlerweile in Form eines handfesten Priestermangels zu spüren: Immer öfter müssten Priester aus Afrika oder Indien nach Deutschland geholt werden. Oft bleibt auch die Seelsorge in den Gemeinden aus. Gleichzeitig würden Frauen aber daran gehindert, ihrer Berufung zu folgen, so Röver-Barth.
Dabei habe Jesus keinen Unterschied zwischen den Menschen gemacht, so die Theologin Dr. Martina Fornet Ponse im Gottesdienst vor der Agneskirche. Sie träume von einer geschwisterlichen Kirche, in der jeder seinen Platz finden könne und die nicht ihre eigene Botschaft mit Füßen trete, indem sie bestimmte Menschengruppen ausschließe.
Es gebe auch Priester und Bischöfe, die über Veränderungen – etwa eine Weihe von Frauen zu Diakoninnen – nachdenken würden und ihnen viel Glück für ihre Aktion gewünscht hätten, erzählt Röver-Barth. Bischof Woelki habe allerdings nicht auf Briefe geantwortet. So seien die Kölner Frauen gefordert, selbst für eine Veränderung einzutreten. Fornet Ponse ermutigte sie im Segen dazu: „Lass dich nicht einschüchtern und habe keine Angst.“ Sie schloss mit den Worten „Wir stehen alle hier, weil wir diese Kirche lieben“. Und die ehrenamtliche Theologin Maria Mesrian ergänzte: „Ich bleibe in dieser Kirche, weil ich selbst die Veränderung bin, die ich mir für die Kirche wünsche.“
Etwas verändern möchte auch die Erziehungswissenschaftlerin und Traumatherapeutin Ursula Enders, Mitgründerin des Vereins Zartbitter. Die Kontakt- und Informationsstelle gegen sexuellen Missbrauch an Kindern in der Kölner Südstadt bietet seit 1987 nicht nur Beratung für Opfer, sondern möchte verhindern, dass es überhaupt zum Missbrauch kommt. Leider sei der Kinderschutz in NRW bereits seit langem „eingeschlafen“, beklagt Enders. Umso engagierter arbeitet sie an Präventionskonzepten und möchte mithilfe von Comics, Theaterstücken – wie dem für 2019 geplanten Jugendtheaterstück „Respekt für dich!“ – und anderen Projekten Kinder und Jugendliche stärken. Damit Institutionen zu „sicheren Orten für Mädchen und Jungen“ werden können, bietet der inklusive Verein, der zum großen Teil durch Spenden finanziert wird, Beratung für die Entwicklung entsprechender Strukturen – auch für Institutionen, die bereits zum Tatort geworden sind.
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zum Thema auch unter: trailer-ruhr.de/thema und engels-kultur.de/thema
Aktiv im Thema
dbk.de | Die Studie der Deutschen Bischofskonferenz in voller Länge. Bei aller Kritik ist die geleistete Akribie beachtlich.
aufarbeitungskommission.de | Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs untersucht sexuellen Kindesmissbrauch in BRD und DDR, hört Betroffene an und empfiehlt Präventionsmaßnahmen.
gegen-missbrauch.de | Der Verein informiert über Maßnahmen gegen Kindesmissbrauch und vernetzt Hilfsadressen.
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Falsch zitiert. Bitte korrigieren!!!!
Das Zitat "Auch Täter sind Opfer" stammt nicht von mir. Es widerspricht grundsätzlich den Positionen von Zartbitter. selbstverständlich bezeichnen wir Missbraucher als Täter.
Die Autorin des Artikels hat dieses Zitat auch nicht von mir autorisieren lassen, wie eigentlich bei seriösen Journaistinnen üblich.
Ich distanziere mich entschieden von dem vermeintlichen Zitat und erwarte, dass es umgehend gestrichen wird.
Ursula Enders
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