Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
22 23 24 25 26 27 28
29 30 1 2 3 4 5

12.562 Beiträge zu
3.787 Filmen im Forum

Geländer mit Brailleschrift
Symbolfoto: ThamKC / Adobe Stock

Alltag ohne Hindernisse

30. Januar 2024

Städtische Barrierefreiheit – Europa-Vorbild Schweden

Rund 87 Millionen Menschen in der EU haben eine Behinderung. Mit einem Handicap zu leben, bedeutet nicht nur, Teil einer vulnerablen Gruppe zu sein, deren Bedürfnisse politisch wie medial nur wenig Repräsentation finden, sondern auch mit zusätzlichen Herausforderungen im Alltag konfrontiert zu werden, die für einen Großteil der Menschen unsichtbar bleiben. So braucht es manchmal eine Durchsage in der U-Bahn, die über eine Haltestelle mit defektem Aufzug informiert, um ein Verständnis dafür zu entwickeln, dass viele städtische Räume nur bedingt zugänglich sind. 

Bereits im Januar 2011 trat in der EU die UN-Behindertenrechtskonvention in Kraft. Das Übereinkommen stellte einen wichtigen Schritt dar, weg von einer medizinisch-defizitären Perspektive auf Menschen mit Behinderung: Der menschenrechtliche Ansatz verpflichtet die Politik dazu, gleiche Chancen und ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. 

Zugängliche Öffentlichkeit

Trotz dieses Paradigmenwechsels ist Barrierefreiheit nach wie vor eine Dauerbaustelle. Das soll jedoch nicht bedeuten, es gäbe keine lobenswerten Anstrengungen. Für den Aufbau einer Union ohne Barrieren wird seit 2010 der Access City Award verliehen, um zugängliche Städte zu küren. Einer der Preisträger ist Skellefteå. Die schwedische Stadt, die als südlicher Zugang zu Schwedisch Lappland gilt, erhielt die mit 150.000 Euro dotierte Auszeichnung für das Jahr 2023 unter anderem dafür, dass öffentliche Plätze mit einer Bodenheizung ausgestattet wurden, sodass deren Zugänglichkeit auch bei Schneefall garantiert ist. Zudem hat die Stadt ihren eigenen SMS-Dienst, der blinde und sehbehinderte Menschen über mögliche Hindernisse im Zuge von Bauarbeiten informiert.

Einige der positiven Maßnahmen kennt man auch aus deutschen Großstädten wie Köln – ebenfalls eine für den Access City Award nominierte Stadt: So sind etwa Rampen in öffentlichen Bussen und die Information von Fahrgästen sowohl durch Bildschirme wie auch durch Lautsprecher auch zu einem Standard der Verkehrsplanung geworden. Viele Ampeln sind in deutschen Städten zudem mit Brailleschrift und tickenden Lautsprechern ausgestattet, die blinden Menschen auch auf den vielbefahrenen Straßen eine sichere Navigation garantieren sollen. Die Stadtplanung in Skellefteå geht jedoch noch einen Schritt weiter: So sind der zentrale Stadtpark und das Flussgebiet mit taktilen Informationstafeln und Karten ausgestattet, als visuelle Leitsysteme für sehbehinderte Menschen.

Ein Blick in die Zukunft

Skellefteå belegt nicht nur, wie wichtig Barrierefreiheit für den Bausektor ist, sondern greift mit einem SMS-Dienst auch eine digitale Dimension auf. Sowohl im Verkehr, wo Bahn-Apps Verspätungen anzeigen und E-Roller per Handy geliehen werden können, als auch im medizinischen Bereich (man denke an die Corona-App) verändern die Möglichkeiten digitaler Plattformen und Anwendungen maßgeblich den Alltag – digitale Kompetenz wird von der Ticketbuchung bis zum Arzttermin zum Muss. Barrierefreiheit sollte also auch bedeuten, dass Menschen mit Behinderung von vornherein in die Entwicklung digitaler Technologien miteinbezogen werden. Auch hier weist Skellefteå einen Weg: Menschen mit geistiger Behinderung werden Schulungen angeboten, in denen sie über Technologien und Strategien lernen, die sie dabei unterstützen, ein selbststimmten Leben zu führen.


GANZ SCHÖN EMPFINDLICH - Aktiv im Thema

deutsche-traumastiftung.de | Die Deutsche Traumastiftung arbeitetals Bindeglied zwischen Einrichtungen der Traumaversorgung und der Politik.
drk.de/hilfe-in-deutschland/bevoelkerungsschutz/psychosoziale-notfallversorgung | Der psychologische Notdienst leistet bei plötzliche Krisen Hilfe.
bpb.de/themen/medien-journalismus/medienpolitik/172085/katastrophen-und-ihre-bilder | Der Beitrag diskutiert Probleme der Berichterstattung über Katastrophen.

Fragen der Zeit: Wie wollen wir leben?
Schreiben Sie uns unter meinung@choices.de

Tim Weber

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

The Fall Guy

Lesen Sie dazu auch:

Zeit des Verlangens
Intro – Ganz schön empfindlich

Ungeschönte Wahrheiten
Teil 1: Leitartikel – Rücksicht zu nehmen darf nicht bedeuten, dem Publikum Urteilskraft abzusprechen

„Meine Freiheit als Rezipient wird vergrößert“
Teil 1: Interview – Kunsthistoriker Wolfgang Ullrich über Triggerwarnungen in Kunst und Kultur

Vorsicht Kunst!
Teil 1: Lokale Initiativen – Der Kölner Berufsverband Bildender Künstlerinnen und Künstler

Allergisch gegen Allergiker
Teil 2: Leitartikel – Für gegenseitige Rücksichtnahme im Gesellschaftsbund

„Wie eine Allergie, die keine ist“
Teil 2: Interview – Allergologin Petra Zieglmayer über den Umgang mit Histaminintoleranz

Keine Subventionen gegen Mensch und Natur
Teil 2: Lokale Initiativen – Die Schutzgemeinschaft Fluglärm Dortmund – Unna

Armut ist materiell
Teil 3: Leitartikel – Die Theorie des Klassismus verkennt die Ursachen sozialer Ungerechtigkeit und ihre Therapie

„Solche Tendenzen sind nicht angeboren“
Teil 3: Interview – Sozialpsychologin Fiona Kalkstein über Autoritarismus und Demokratiefeindlichkeit

Opfer nicht allein lassen
Teil 3: Lokale Initiativen – Der Weisse Ring Wuppertal hilft Menschen, die unter Kriminalität und Gewalt leiden

Von der Barbarei der Debatte
Natürlich kann man vermeiden, dass irgendwer Dinge hört, gegen die er allergisch ist – Glosse

Europa

Hier erscheint die Aufforderung!