Wie jedes Jahr zeigen unzählige große und kleine Entwickler und Publisher ihre Neuheiten auf der weltweit größten Videospielmesse Gamescom. Dieses Jahr gibt es in der Organisation einige Neuerungen, die das bisher besonders heiße und enge Gedränge der Besuchertage verbessern soll. Mit einem eigenen Food-Court und neuen Entertainment-Angeboten – auch für jüngere Gäste – in der vorher nur als Eingangsbereich genutzten Halle 11 hofft man die großen Hallen 6 bis 9 etwas zu entlasten. Denn während die Publikumszahlen in den letzten Jahren immer wieder stiegen, wurde es enger und enger. Nun hat man versucht, die großen Aussteller wie Sony und Ubisoft besser zu verteilen und ihren Ständen mehr Platz zu geben. Auch die notorisch langen Schlangen sollen durch die Einführung von digitalen Warteschlangen nicht mehr so viel Raum einnehmen.
Das hilft besonders einer Gruppe: Menschen mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen. Bereits am Fachbesuchertag waren diverse Besucher mit Mobilitätshilfen wie Rollstühlen vor Ort. Das heißt nicht, dass die Gamescom ein Paradies an Inklusion wäre – viele Anspielstände sind erhöht und besitzen keine Rampe, lassen ihre Besucher kurze Treppen steigen oder in schmalen Gängen oder Absperrungen auf die Chance warten, eine der heiß ersehnten Neuerscheinungen auszuprobieren. Da bekommen schon einige Besucher mit Krücken Probleme.
Doch es gibt auch sehr positive Beispiele: So hat Xbox ihren letztes Jahr veröffentlichten Adaptive Controller dabei. Diese Bedienfläche sieht ein bisschen wie ein kleines DJ-Pult aus, mit zwei großen schwarzen Knöpfen auf einem weißen Brett. Daran angeschlossen ist ein kleiner Einhand-Controller mit einem Joystick, der flüssige 360-Grad-Bewegung möglich macht. Auf der Rückseite lassen sich für jeden Knopf des normalen Gamepads zusätzliche Geräte anschließen. Damit bietet der Controller unzählige Anpassungsmöglichkeiten, mit denen man sein Spielerlebnis auf die eigenen Bedürfnisse einstellen kann.
Auch die beliebte Indie Arena Booth in Halle 10 bietet in diesem Jahr eine Accessibilty Area. Hier wurde eine Anspielstation für Menschen mit Behinderung realisiert. Verantwortlich dafür ist Benjamin Teske vom Veranstalter Super Crowd Entertainment: „Ich wurde angesprochen, weil die Leute von der Indie Arena gemerkt haben, wie schlecht zugänglich viele Stände sind.“ Deshalb liegt der gesonderte Bereich am Rand des Standes, außerhalb des Gedränges und bietet mehrere Computer, auf denen alle vorgestellten Indie-Games der diesjährigen Booth installiert sind. „Die PCs sind außerdem mit dem Adaptive Controller ausgestattet, plus mehreren zusätzlichen Komponenten, so dass sie wirklich jeder bedienen kann“, fügt Teske hinzu. So bieten sie allen die Möglichkeit, die Angebote der Indie Arena zu genießen. Das ist wichtig, denn Videospiele sollten als Kulturerzeugnis für alle erreichbar sein.
Hierzulande ist elektronische Unterhaltung inzwischen weitestgehend als Kulturgut anerkannt. Die Film- und Medienstiftung NRW hat ihre Förderung für Games und Interaktive Inhalte für dieses Jahr auf drei Millionen Euro aufgestockt, Arte probiert sich seit einigen Jahren als Publisher für kreative Spielideen und eröffnet wird die Gamescom jedes Mal von hochrangigen Politikern – 2019 war es der Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur Andreas Scheuer (CSU).
Doch nicht nur Entwickler oder Hardware-Firmen stellen dieses Jahr aus. Einen großen Stand hat beispielsweise der Streaming-Dienst Netflix beigesteuert. Zwar werden auch dort thematisch passend zwei Games zu „Stranger Things“ und „Dark Crystal“ präsentiert, aber der Fokus liegt eindeutig auf dem Medienangebot des Internetgiganten. Auch die Fastfood-Kette McDonalds, Mobilfunkanbieter Vodafone, SAP und die Techniker-Krankenkasse leisten sich Stände auf der Messe und zwar nicht im Entertainment-Bereich der Halle 10, wohin sonst branchennahe Unternehmen ausgelagert werden, sondern in Halle 8 zwischen Gaming-Größen wie Bethesda, Wargaming und Turtle Entertainment. Klar ist, die Gamescom wird, wie auch die Unterhaltungsbranche, immer vernetzter: Barrieren fallen und die Grenzen des Möglichen beginnen zu verschwimmen.
Gamescom 2019 | 20.-24.8. | Kölnmesse | www.gamescom.de
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Bis über beide Ohren im Sound
Musik, Filme und Games bei SoundTrack_Cologne – Festival 09/19
„Ich mag es nicht, nein zu sagen“
Komponist Jack Wall bei SoundTrack Cologne – Interview 09/19
Platz für neue Ideen
NRW-Entwickler auf der Gamescom – Spezial 08/19
„Köln kann ein guter Standort werden“
Entwickler Utz Stauder über Videospiele in der Stadt – Interview 08/19
Ambition und Spieltrieb
Games-Festival „Next Level“ in Düsseldorf – Spezial 12/18
Zocken der Zukunft
Next Level in Düsseldorf – das Besondere 11/18
Spielend Kunst verstehen
Studenten entwickeln Videospiele für das Wallraf-Richartz-Museum – Kunst 06/18
„In der BRD sind fast die Hälfte aller Spielenden weiblich“
Medienwissenschaftlerin Jutta Zaremba über Gender in Videospielen und Gamerinnen
Spielen kann man überall
Games-Festival „Next Level“ im Düsseldorfer NRW-Forum – Spezial 11/17
Der treffende Ton
Rückblick auf SoundTrack_Cologne und See the Sound – Festival 08/17
Nerds der Animation
Das Demoszene-Festival Evoke feierte seine 20. Ausgabe – Kunst 08/17
Macbeth trifft Super Mario
„Im Spielrausch“ eröffnet im Museum für Angewandte Kunst – Kunst 08/17
Gelobtes (und umkämpftes) Land
„Mein Israel und ich“ in der VHS – Spezial 03/23
Selbstlosigkeit in der Krise
T. Metzinger in der Stadtbibliothek – Spezial 03/23
Freiheitskämpferinnen
Diskussionsrunde in der VHS Köln – Spezial 02/23
„Räume für Empowerment schaffen“
Jasmin Smalls über den Black History Month – Interview 02/23
Höchste Zeit zu Handeln
Entwicklung des Otto-Langen-Quartiers stagniert – Spezial 01/23
„Weil es so sehr menschelt“
Christina Bacher über ihre Arbeit als Draussenseiter-Chefredakteurin – Spezial 01/23
Grimmige Entschlossenheit und Volksfeststimmung
Demo gegen die Räumung von Lützerath – Spezial 01/23
„Wir werden uns der Abbagerung in den Weg stellen“
Linda Kastrup über die geplanten Klima-Proteste in Lützerath – Spezial 01/23
Die letzte Generation?
#streitkultur im Urania Theater mit Gerhart Baum und Bettina Weiguny – Spezial 11/22
Existenzgefährdender Beschluss
Land NRW streicht Förderungen – Spezial 11/22
Recht auf Ausdruck
Das Projekt UNIque@dance – Spezial 11/22
Fragen an Baerbock
Außenministerin beim Bürger:innendialog in Bonn – Spezial 10/22
Vollkommen normal
Rhein Kompanie: Schauspielausbildung für Menschen mit geistigen Behinderungen – Spezial 10/22