Es war kein Hund, nach dem die berühmteste Kamera der Fotografiegeschichte benannt wurde. Der Name Leica entstand aus einer Kompilation der Bezeichnung „Leitz Camera“. Mit diesem Arbeitsgerät schufen Fotografen wie Henri Cartier-Bresson, Werner Bischof oder Fulvio Roiter Bildikonen des 20. Jahrhunderts. Eine Kamera mit einer unglaublich präzisen Optik, dabei leicht und vor allem geräuschlos zu bedienen, ideal für Fotoreporter. Mit ihr erlebte der Fotojournalismus eine einzigartige künstlerische Blüte, aus der man zum 90-jährigen Jubiläum eine Auswahl von 90 Arbeiten im Forum für Fotografie in Köln sehen kann.
Der Enkel Knut Kühn-Leitz suchte Beispiele berühmter Leica-Fotografen zum Andenken an seinen Großvater aus, der im Zweiten Weltkrieg etlichen jüdischen Mitarbeitern zu einer Existenz im Ausland verholfen hatte. Es geht in dieser Schau ein wenig wie Kraut und Rüben durch den Garten der Fotografiegeschichte, hier Architektur, dort Politik, Landschaft oder Porträt. Ein Bild von Hilde Domin, das Barbara Klemm geschossen hat, hängt neben einem Hochzeitsfoto der Kennedys. Aber es ist eben ein Griff in die Schatztruhe, und jedes Bild, das hervorgeholt wird, besitzt den Status eines Meisterwerks.
Mit dieser Kamera lernte man alles neu zu sehen, Menschen, Länder und Gegenstände. Die Transparenz der Spitzenstickerei im Kleid von Jackie Kennedy, die feinen Rauschwaden, die sich aus den Schornsteinen der Dampfer in Bremerhaven in die Lüfte erheben, oder der lichtdurchflutete Staub zu Füßen der Flüchtlinge in Äthiopien, alles wird schön, wenn es von dieser Kamera betrachtet wird.
Letztlich bleibt die Leica verbunden mit der Ästhetik von Fotografen wie Sebastiao Salgado, Lisa Larsen, Gianni Berengo Gardin oder Elliot Erwitt. Deshalb ist die Zeit von 1930 bis 1970 auch jene Ära, in der die kleine Kamera, die man mit einer Hand bedienen konnte, zum Instrument einer bestimmten Form von Journalismus wurde. In ihm bleibt immer der neugierige Impuls von Fotografen spürbar, die zeigen wollten, wie Menschen leben und denken. Selbst explizit politische Bilder, wie Ulrich Macks 1963 fotografierte Fahrt Kennedys durch Berlin, zeigt das Panorama einer spezifischen Situation. Wie viele Gesichter sind auf ihm zu sehen? Hinter jedem verbirgt sich eine Person, die an dieser einen Situation auf ihre Weise teilnimmt. Zugleich liefert Mack die Symbolgehalte politischer Selbstdarstellung. Und er fotografiert schon ein Stück Zukunft, wenn er die CIA-Agenten hinter Kennedy ablichtet, die sein weiteres Schicksal noch entscheidend beeinflussen werden. Im Grunde dokumentiert die Ausstellung die Bewusstseinslage einer Epoche. Dass im Fotojournalismus jener Jahre Kunst und Dokumentation auf so besondere Weise verschmelzen, dafür ist zu einem nicht unerheblichen Teil auch diese smarte Kamera verantwortlich.
„Meisterwerke berühmter Leica-Fotografen“ | bis 13.7. | Mi-Fr 14-18 Uhr, Sa 12-18 Uhr, So 12-16 Uhr | Forum für Fotografie | Schönhauser Str. 8
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