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„Heroes – ein theatrales Requiem“
Foto: Meyer Originals

Schnaps oder Ohrstöpsel?

23. Januar 2018

„Heroes“ in der Orangerie im Volksgarten – Theater am Rhein 02/18

Ausgerechnet in die Orangerie im Volksgarten hat das Jenseits Soul-Legende Amy Winehouse (Bibiana Jiménez), Motörhead-Frontmann Lemmy Kilmister (Tomasso Tessitori), Pop-Titan David Bowie (Fabian Ringel) sowie Prince (Torsten-Peter Schnick), den unerreichbaren Meister des Funks, verfrachtet. Es ist schon eine feine Gemeinheit von Regisseurin Andrea Bleikamp, dass die vier Musiklegenden, die alle Stadien füllten, sich nun in ihrer finalen Show die kleine Bühne teilen müssen. Das lädt geradezu ein, zum Rampensau-Battle.

Und dass die vier Legenden gerne in der ersten Reihe standen, daran lassen sie in Bleikamps neuester Inszenierung „Heroes“ keinen Zweifel. „Rock’n’Roll ist tot?“, fragt Lemmy bei seiner Ankunft im Hades mit dem unverwechselbaren schwarzen Filz-Stetson auf dem Kopf. Eine Stimme aus dem Off quäkt blasphemisch: „Nee! Rock’n’Roll nicht!“ Price erkennt aus Boshaftigkeit Bowie nicht und fragt: „Harry Potter?“ Für Bowie steht aber fest: „Heldentum ist eine Bestimmung.“

Doch was soll aus ihnen werden? Was bleibt? Was bleibt von einem übrig nach dem Tod? Sie sezieren ihre Biografien, klagen ihr Leid, versuchen sich zu übertrumpfen, lassen ihren gewaltigen Künstleregos freien Lauf und finden schließlich eine kleine Tiefkühltruhe (Aufschrift: „Eismann bringt’s“). In Plastikbeuteln befinden sich darin jeweils vier Eiswürfel. Lemmy lutscht einen und singt plötzlich „Last Christmas“ von Wham! und muss fast kotzen. Bowie klingt plötzlich wie Celine Dijon. Schockiert dämmert es ihm, auch sie sollen zu einem Eiswürfelpäckchen verarbeitet werden.

„Ein theatrales Requiem“ nennt Bleikamp den Abend, der sich locker und leicht, mal fluffig-albern mal philosophisch-tiefgründig um die sehr unterschiedlichen Musiker, die nur in ihrer Bedeutung und Größe Gemeinsamkeiten haben, dreht. Das Publikum wird auch gefordert: beim Karaoke zu einem Motörhead-Konzertmittschnitt. Amy serviert derweil Ohrstöpsel oder Schnaps. Paartanz mit Prince, Lemmy und Amy erwartet ein paar Glückliche zu einer ziemlich guten Bowie-Parodie. Insgesamt ein schöner anarchischer Abend, gespielt von einem klasse Ensemble mit vielen tollen Erinnerungen an vier grandiose Künstler.

„Heroes – ein theatrales Requiem“ | R: Andrea Bleikamp | 24.-27.1., 5.5. 20 Uhr, 6.5. 18 Uhr | Orangerie im Volksgarten | 0221 952 27 08

HANS-CHRISTOPH ZIMMERMANN

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