Wirtschaftskrieg ist wie Oralsex: Entscheidende Aktionen werden vollzogen, aber wenn einer fragt, dann hat man ja nichts „Richtiges“ gemacht. Zu Beginn des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine herrschte in Deutschland und Europa Uneinigkeit darüber, was zu tun sei. Waffenlieferungen schienen, bevor sie doch gestattet wurden, vor einer offenen militärischen Intervention die penultima ratio zu sein. Aber wirtschaftliche Sanktionen, das ist doch ein Ding, damit können wir leben, das ist sogar geboten!
Wie hart die Sanktionen Russland treffen, ist schwer zu beantworten. Der Einbruch der russischen Wirtschaft wird in Zahlen von 6 bis 35 Prozent angegeben – durch westliche Experten. Das Wirtschaftsministerium in Moskau hat weitaus geringere Einbußen angegeben. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo in der Mitte. Aber selbst dann stellt sich die Frage, ob die Sanktionen nennenswert wirken. Volkswirtschaften können kurzzeitige Einbrüche verkraften. Existieren diese Einbrüche wirklich, gibt es eine Rezession?
Gibt es eine Rezession?
Unabhängigen Angaben zufolge hat Russland seit Kriegsbeginn 158 Milliarden Euro mit dem Verkauf fossiler Brennstoffe erzielt – bei 100 Milliarden Kriegskosten. Auch wenn wir in Deutschland nicht so offen mit dem Begriff umgehen, so wird ein Wirtschaftskriegwie der vorherrschende ja auch nicht einseitig geführt. Das merken wir in Deutschland: Stichwort Energiekrise. Ein weiteres Stichwort dieser Tage ist Inflation. Auf den ersten Blick scheint der Rattenschwanz der Ökonomie, der dahinter steckt, einleuchtend: Steigende Energiekosten führen zu höheren Produktionskosten. Rohstoffknappheit ebenfalls. Kaum ein Glied der Wertschöpfungskette bleibt verschont, und die Kosten steigen für alle. Um dem Einhalt zu gebieten, können Zentralbanken regulierend eingreifen, etwa indem sie am Leitzins herumschrauben.
Das bedeutet, dass Zentralbanken die Macht haben, die Wirtschaft und den Alltag der Bevölkerung massiv zu beeinflussen, ja, dass sie selbst gewissermaßen über dem Wirtschaftskrieg stehen. Aber wenn man sich die Schlagzeilen um den Leitzins ansieht, wirkt ihr Handeln erratisch: Hier „Kanadas Notenbank zieht Leitzins weniger als erwartet an“, dort „Trotz Mega-Inflation: Türkische Notenbank senkt Leitzins erneut und unerwartet deutlich“; „Milliardenschwerer Investor warnt vor weiteren Zinserhöhungen: ‚Fed hat bereits genug getan‘“, aber: „IWF-Chefin: Zinsen müssen in meisten Ländern weiter angezogen werden“. Wenn es doch eigentlich klare Mechanismen gegen die Inflation gibt, warum gehen die Meinungen, die Strategien dann so weit auseinander? Und was ist überhaupt dieser Leitzins?
Durch Handyvertrag wirtschaftsweise
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber in meinem Freundeskreis wird viel über Inflation gesprochen, aber wenig über den Leitzins. Doch Zeitungen berichten pausenlos darüber, Börsenkurse gehören zum Standardnachrichtenrepertoire, die meisten Menschen jedoch, so mein Eindruck, halten sich für einen der Wirtschaftsweisen, wenn sie einen neuen Vertrag mit mehr mobilen GB für weniger Euro abgeschlossen haben.
Diese Mischung aus a) viel Macht der Zentralbanken und anderer Organe, die b) nicht demokratisch legitimiert und c) intransparent und scheinbar willkürlich genutzt wird, und d) mangelnder politisch-ökonomischer Bildung entmündigt den Bürger. Daher lautet der Appell an Schulen, Medien und Regierungen sowie an jeden Einzelnen und jede Einzelne: Redet mehr über Geld! Wir brauchen ökonomische und fiskalische Aufklärung, einen Dr. Sommer der Ökonomie!
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