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Foto: Irma Flesch

Oben bleiben

01. April 2010

Oder: Auf die Elite kommt es an - Magenbitter 04/10

Ich sorge mich um diese Stadt, sagte Fritz und stellte sein Kölsch-Glas energisch auf den Tisch. Wer tut das nicht, sagte ich und nahm erst einmal neben Markus Platz. Fritz machte weiter: Die Kasse ist leer, das Archiv kaputt, der Heumarkt fast unter Wasser, der FC kommt nicht aus dem Keller, die KölnArena ist defizitär, und die Haie stehen vor dem Aus. Und um das Schauspielhaus wird noch gestritten. Fritz redete sich in Schwung. Mir geht es nicht um kurzfristige Überlegungen, Vereine kann man neu gründen, Löcher zuschütten, aber ein Gemeinwesen! Das taugt nur so viel wie seine Eliten. Was tun wir für die kommenden Generationen, die Leistungsträger von morgen? Ich schwieg, ein Einwurf hätte Fritz nur laut werden lassen. Wir leben in einer Zeit unsäkularer Umbrüche, stimmte ihm Markus zu. Gucken wir uns doch um. Die Bildung bleibt auf der Strecke. Guter Musikunterricht an den Schulen wird ausgezehrt. Das häusliche Musizieren bricht weg, Konzerthäuser sind als Kirchen der Kunstreligion gebaut worden. Wo bleibt heute die Würde der Klassik? Markus hat eine beeindruckende Sammlung von Klassik-CDs. Die Kirchen stehen schon leer, warf ich vorsichtig ein. Markus schwieg beleidigt. Das ist ein Symptom, sagte Fritz. In anderen Städten unterstützt die Elite aus privatem Engagement Kitas, in denen die Kleinen schon früh Chinesisch und Englisch lernen. Es gibt kindgerechte Wellnessbereiche, persönliche Trainer, regelmäßige Rückenmassagen. Fritz war gut informiert. Wo gibt es das? fragte ich. In Hamburg, München, Potsdam. Sogar in Düsseldorf. In Köln haben sie eben eine Privatschule geschlossen, warf Markus ein. Das ist typisch, sagte Fritz. Hier klappt nix. Das kostet doch gute Tausend im Monat an Schulgeld, fiel ihm Reiner ins Wort. Er kam wie immer zu spät. In Hamburg verteidigen sie das Gymnasium, erklärte Markus. Zu Recht, fand er, da geht es nicht ums Geld. Klar, sagte Reiner und winkte gut gelaunt dem Köbes. Deshalb kämpfen sie an der Elbe gegen das Bildungsproletariat, das erst die Höheren Schulen verstopft und dann auf dem Arbeitsmarkt mit dem eigenen Nachwuchs konkurriert. Elite will Elite bleiben. Kohle zu Kohle, Euro zur D-Mark. Die Zeiten werden härter, sagte ich. Da spürt man auch die Angst vor dem gesellschaftlichen Absturz. Markus geriet in Rage: Man muss auch einmal etwas für die Stärkeren tun. Stärken stärken! Nicht immer nur auf die Schwachen gucken. Markus, warnte ihn Reiner. Nein, Markus ließ sich nicht beirren, das muss man hier am Tisch auch sagen dürfen. Diejenigen, die etwas leisten, müssen auch ein Umfeld vorfinden, das zu ihnen passt. Klassik, warf ich ein. Hochkultur, darum beneidet uns die Welt, posaunte Reiner. Euch ist nichts heilig, frotzelte Fritz. Wir lieben den Sport, rief Reiner, das tut die Elite von heute auch. Früher traf man sich in der Oper. Heute zeigt man sich beim Fußball. Er hob den Zeigefinger. Dietmar Hopp von SAP. Peter Löscher, Siemens, Ex-Kapitän der Volleyball-Nationalmannschaft. Eckhard Cordes, Metro, in jungen Jahren deutscher Wasserballmeister. Unser OB läuft Marathon. Da kommt Hoffnung auf für den FC, sagte ich. Ja, bestätigte Reiner, irgendwann einmal wird die Elite auch diesen Verein nach oben bringen. Wir tranken uns zu.

Peter Hanemann

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