Die Menschen zum Lachen zu bringen ist kein einfaches Unterfangen. Vielleicht erleichtern Krisenzeiten dieses Vorhaben. Die Geschichte um einen Mann, der seinen Lottogewinn in Höhe von 162 Millionen Euro zugunsten eines einfachen Lebens opfert, ist jedoch bereits als Stoff eine tragische Story. In 90 langen Minuten offenbart „Nein zum Geld“ aus der Feder von Flavia Coste die Lücken der aufgesetzten Heiterkeit. Die Konzeption als Komödie erscheint schon im Ansatz verwunderlich und entlarvt im schönen Theater am Dom schließlich seine Trostlosigkeit in vollem Glanz. Unter der Regie von René Heinersdorff ziehen die Darsteller torkelnde Ellipsen um einen erlöschenden Fixstern.
Den Höhepunkt einer vom Ansatz her interessanten Produktion markiert bereits der Beginn, als ein glücklicher Familienvater seinen engsten Angehörigen den Verzicht auf einen kosmischen Jackpot verkündet. Das daraus resultierende Unverständnis lässt schließlich keine Zote aus. Die Grundidee von den wahren Werten im Leben, die Epikur bereits vor 2.300 Jahren in seiner „Philosophie der Freude“ mit Würde behandelte, stirbt in der Bühnen-Gegenwart einen billigen Tod im Klischeehagel des zugrundeliegenden Skripts, wenngleich das Ensemble seine beschränkten Rollen gut zu spielen versteht. Abgedroschene Jokes über Oralsex, die Instrumentalisierung von psychischen Erkrankungen (Tourette-Syndrom) sowie offensichtliche Leihgaben von Loriot („Ödipussi“) und Alfred Hitchcock („Cocktail für eine Leiche“) bereichern das theatrale Menü auf fragwürdige Weise.
Mittels versucht satirischer Einbindung inflationär bemühter Lokalthemen (Sanierung des Opern- und Schauspielhauses), einem karnevalistischen Gassenhauer von Jupp Schmitz und Kurt Feltz („Wer soll das bezahlen?“), plus dem unvermeidlichen Seitenhieb auf das ewige Pseudo-Feindesterritorium Düsseldorf, genügt sich das Stück selbst, dessen Kapitalismus- und Konsumkritik nicht einmal als Deckmantel, sondern allenfalls als löchriges, graugewaschenes Laken dienen, in das die Macher ein in sich hohles Werk mit ausgeschnittenem Dauergrinsen kleiden möchten.
Nein zum Geld | R: René Heinersdorff | bis 1.5. (mitunter 2 x täglich: 17 & 20 Uhr) | Theater am Dom | 0221 258 01 53
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Wer spendet mir seine Niere?
„Auf Herz und Niere“ im Theater am Dom – Bühne 02/20
Traute Verlogenheit
Schmierenkomödie „Alle unter eine Tanne“ im Theater am Dom – Bühne 11/19
Illusion von Liebe
„Kennst du mich noch?“ im Theater am Dom – Theater 09/19
Eine zusammengeflickte Familie
„Komplexe Väter“ im Theater am Dom – Bühne 02/19
Fest-Groteske
„Weihnachten auf dem Balkon“ im Theater am Dom – Theater 11/18
Ganz oder gar nicht
„Ladies Night“ im Theater am Dom – Bühne 09/18
Der Chaos-Opa
„Honig im Kopf“ im Theater am Dom – Theater 05/18
Höherer Blödsinn
„Ketten der Liebe im Theater am Dom – Theater 02/18
Der Koffer mit der Million
„Funny Money“ im Theater am Dom – Theater 12/17
Wer hilft hier eigentlich wem?
„Wir sind die Neuen“ im Theater am Dom – Bühne 09/17
Den „inneren Kinski“ rauslassen
Kabarettfest im Theater am Dom und Frank Fischer im Senftöpfchen – Komikzentrum 09/17
Ernstere Komödie
Eric Assous' „Unsere Frauen“ im Theater am Dom – Theater am Rhein 09/16
Für die Verständigung
Stück für Gehörlose am CT – Theater am Rhein 03/24
Im Höchsttempo
„Nora oder Ein Puppenhaus“ in Bonn – Theater am Rhein 03/24
Musik als Familienkitt
„Haus/Doma/Familie“ am OT – Theater am Rhein 03/24
Wo ist Ich?
„Fleischmaschine“ am FWT – Theater am Rhein 02/24
Falle der Manipulation
„Das politische Theater“ am OT – Theater am Rhein 02/24
Wiederholungsschleife
„Soko Tatort“ am Schauspiel Köln – Theater am Rhein 02/24
Radikaler Protest
„Ein Mensch ist keine Fackel“ in der Orangerie – Theater am Rhein 01/24
Emotionale Abivalenz
„Sohn meines Vaters“ in Köln – Theater am Rhein 01/24
Übung in Demokratie
„Fulldemo.cracy“ am Studio Trafique – Theater am Rhein 01/24
Welt ohne Männer
„Bum Bum Bang“ am Theater im Bauturm – Theater am Rhein 12/23
Was ist hinter der Tür?
„Die Wellen der Nacht …“ in der Orangerie – Theater am Rhein 12/23
Weiter mit der Show
„Von Käfern und Menschen“ am TiB – Theater am Rhein 11/23
Ende der Zivilisation
„Eigentum“ am Schauspiel Köln – Theater am Rhein 11/23