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Vivienne Westwood, Prêt-à-porter-Linie „Red Label“, Herbst/Winter-Kollektion „Portrait“ 1990/91, MAKK
Foto: © RBA Köln, Marion Mennicken

Mode im Schneewittchensarg

22. Dezember 2015

„LOOK!“ im Museum für Angewandte Kunst Köln – Kunstwandel 01/16

Eine Tür führt hinein, eine wieder hinaus. Mit der Sonderausstellung „LOOK!“ zeigt das Museum für Angewandte Kunst Köln (MAKK) eine Auswahl der wichtigsten Neuerwerbungen der vergangenen Jahre – und das sind in erster Linie Überlebende der Kleiderschränke von den 1960er Jahren bis in die unmittelbare Gegenwart. Der Besuch selbst ist irgendwie schon so, als wolle man einen modischen Schlauchschal durchwandern mit, sagen wir mal 98 Prozent Viskose, zwei Prozent Lycra. Diese Werte werden uns noch einmal begegnen. Ansonsten begegnen wir Modedesignern von A bis Z, das ist auch der Untertitel der Ausstellung.

Das erste, was mir ins Auge fällt, sind die vielen Vitrinen und Schaukästen, die die Exponate schützen: Mode zu lagern ist nämlich gar nicht so einfach wie man denken könnte. Staub, Verunreinigungen und „Hängeschäden“ sind die häufigsten Gefahren denen die Kunst als Kleidung ausgesetzt ist. Handwerk, Design und Kreation vermischen sich bei den Haute Couture-Objekten, das meiste, was ausgestellt ist, stammt allerdings aus den Prêt-à-porter-Serien der Modehäuser, also tragbar und halbwegs bezahlbar. Dass das rötlich bunte Tageskleid von Yves Saint Laurent (Seide, Gelbmetall, Kunststoff, Frühjahr/Sommer 1982) ein Haute-Couture-Einzelstück ist, hätte ich nicht bemerkt, mehr als dreißig Jahre vergangener Moderhythmus hat dem Faltenensemble scheinbar nicht geschadet. Es wurde erst in diesem Jahr dem Museum geschenkt, und das Museum erfüllt mit dieser Ausstellung im Gegenzug die schon in seinem Gründungsjahr 1888 definierte Aufgabe, die kreativen Potenzen und Qualitäten der angewandten Kunst erfahrbar zu machen. Mode hat da, wahrscheinlich seit der Steinzeit, einen extrem hohen kulturellen Stellenwert.

Joop, Versace, Mugler, alle da. Das älteste Stück der Sammlung ist ein blaues Cocktailkleid von Emilio Pucci (1914-1992) aus der Herbstkollektion 1967/68. Hier gerät die museale Werterhaltung an ihre Grenzen und hier wird auch klar, warum man diese Schätze nur hinter Glas bewundern darf. Der sogenannte „Büstenformer“ mit aufwendigen Glas- und Strass-Steinen an hauchfeinen Metallstreifen lässt sich nämlich kaum sauber halten. Der Pucci-Stil ist irgendwie in den 80ern unsichtbar geworden, bis dahin hatte er Borduniformen für diverse Fluglinien und als Clou auch das Logo für Apollo 15 gezeichnet. Zum Cocktailkleid gehört noch ein passender Clutch (kleine Handtasche, auch Abendtasche). Kommen wir zurück zu 98 Prozent Viskose und zwei Prozent Lycra. Das ist das dehnbare Material aus dem Vivienne Westwood Anfang der 90er ihre Prêt-à-porter-Linie „Red Label“ nähen lies. Nix für eine Figurine oder gar einen (gosh) schnöden Bügel. Dieses hautenge Kleid der Punklady liegt standesgemäß in einer Schneewittchen-Vitrine.

66 Exponate von 42 Designern, aber ein paar Größen fehlen natürlich immer, mir fehlt da Jean Paul Gaultier, aber auch vom großen Karl Lagerfeld sind nur ein paar Devotionalien ausgestellt, darunter ein Schmuckensemble aus Armreif und Fingerring mit beweglicher Kugel, das er für Henner und Mauritz designte, na ja, der Mann muss ja auch von irgendwas sein Taxi zahlen.

„LOOK! Modedesigner von A bis Z“ | bis 28.2. | Museum für Angewandte Kunst Köln | 0221 22 12 67 14

Peter Ortmann

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