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Foto: Irma Flesch

Mitten im Spreewald

01. August 2012

Über die Saure-Gurken Zeit – Magenbitter 08/12

Und es war Sommer das erste Mal im Leben, es war Sommer, das allererste Mal. Scheiß-Wetter, Scheiß-Sommer, Scheiß-Maffay, da hilft auch kein Magenbitter mehr. Saure-Gurken-Zeit zum Ärgern, selbst mitten im Spreewald hat man keine Ruhe mehr. Touristen, wohin das Auge schaut, Nachen voller Bermudashorts lärmen durch die Wälder, kein Vogel, der mehr zwitschert, kein Rehkitz, das blöd um die Ecke schaut. Ärger, Ärger, Ärger, wohin man auch sieht. Laptop an: Ankleiden der Olympioniken. Wen sehe ich? Michael Vesper, braun gebrannt und fintenreich zwischen Tonnagen an nagelneuen Klamotten. „Fröhliche Kleidung“ nennt das der ehemalige grüne NRW-Kulturminister, der Erfinder der Ruhrtriennale, der Klempner der alternativen Szene, der flugs umsattelte ins schicke Generaldirektorenamt des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB).

Jetzt will er beim Medaillensammeln Weltspitze bleiben. Vesper fordert auch eine bessere finanzielle Ausstattung der Anti-Doping-Agenturen. Das Geld solle von den Bundesländern und aus der Wirtschaft kommen. Da wird sich Nordrhein-Westfalen freuen, und wie bitteschön sollen wir dann beim Medaillensammeln Weltspitze bleiben? Schnell weiterzappen und die nächste saure Gurke in den Mund schieben. Ach ja, jetzt geht es um Korruption im Weltfußball und um einen gewissen Herrn Blatter, der angeblich nichts gewusst hat. Kriminaltango in der FIFA, wer schaut sich den Scheiß eigentlich noch an, immerhin protzt dieser Verband damit, über angeblich 1,3 Milliarden Dollar Rücklagen zu verfügen. Soll der doch die Anti-Doping-Agenturen finanzieren.

Ärgern auf ganz hohem Niveau ist im Sommer kaum möglich, es passiert einfach nichts. Mal was Außergewöhnliches bei der Kultur wenigstens. Dass das Klavierfestival Ruhr angeblich wieder schwarze Zahlen schreibt, ist auch nicht so der Bringer, denn die meisten Zahlen, die das untermauern könnten, bleiben unter Verschluss. Der Leichenskandal in Köln ist längst abgekocht, dass die Nachwuchsautorin Helene Hegemann (20), ich kenne ihren Vater, dort ein experimentelles Musiktheaterstück inszenieren wird. So what. Die Mühlen der kulturellen Seilschaften mahlen schnell und geschmiert wie eh und je. Warum sollte das dort anders sein als bei der FIFA? Und bei der Gähn-Tour de France in diesem Jahr wurde ja auch nicht mehr gedopt. Ganz bestimmt. Die zweite Flasche Magenbitter schmeckt schon nicht mehr so mies wie die erste beim Regen.

Und so findet der Mensch-ärgere-dich eher Gefallen an dieser Posse aus dem ostwestfälischen Werther. Dort ist bei Aufräumarbeiten im Wohnhaus des Malers Peter August Böckstiegel ein seit Kriegsende verschollenes Familienbild des westfälischen Expressionisten aufgetaucht. Das zwei Meter mal ein Meter große Gemälde aus dem Jahr 1924 ist eine doppelte Überraschung: Nicht nur, dass es sechsmal gefaltet war, auf der Rückseite der Leinwand fand man auch zwei bisher unbekannte weibliche Akte aus dem Jahr 1914. Und das beim ollen Böckstiegel, der doch so was sonst nie, oder eher nur selten ... Na, dann den Laptop im Spreewald zuklappen. Wo sind die letzten Gurken?

Peter Ortmann

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