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Ausstellungsansicht Martin Schoeller, © NRW-Forum Düsseldorf
Foto: Katja Illner

Die Inszenierung hinter der Fassade

15. Juli 2020

Martin Schoeller als Werkschau im Düsseldorfer NRW-Forum – Kunstwandel 07/20

Martin Schoeller ist ein Meister der Fläche zwischen Haaransatz und Kinnkurve. Alles, was Quaste, Paste und Mimik eigentlich verheimlichen wollen, lockt der Fotograf aus den Gesichtern, ganz ungezwungen scheinbar, ein ausgefeiltes Konzept des „close up“. Was am Ende des letzten Jahrtausends mit Vanessa Redgrave begann, hat sich in einen Starrummel vor der Kamera entwickelt. Alle wollen dabei sein, selbst die Kanzlerin opferte ein paar Minuten. Ein Schoeller-Portrait adelt eben die Schönen und Reichen und natürlich die ganz Wichtigen, die es sich wert sind. Was haben Woody Allen (2014), Angela Merkel (2010) und Colin Kaepernick (2017) gemeinsam? Den starren Blick in die Kamera und sie hängen alle in der grandiosen Werkschau im Düsseldorfer NRW-Forum.

Natürlich sind es die Celebrities, die den Fotografen Martin Schoeller berühmt gemacht haben, wegen seines eigenen Stils, wohl unnachahmliche Portraits zu schießen. Einmal den Stars und Sternchen, den Promis und Megareichen nah sein, da eine Falte, hier unreine Haut. Alle gehören wohl zur Gattung Mensch, dessen einziger Feind wohl er selbst ist.

In „Hollywood“ (2016) zeigt er die Kehrseite dieser Glamourwelt. 300 Menschen an der Straßenecke Sycamore Avenue und Romaine Street hat er portraitiert. Menschen, die auf den Bürgersteigen der kalifornischen Metropole leben, deren einziger Traum das Überleben zwischen Gewalt und Prostitution ist. Schoeller legte in seiner Werkschau den Fokus auf Frauen mit Transidentität, weil sie, wie er sagt, die verletzlichsten und am häufigsten abgewerteten Mitglieder der US-amerikanischen Gesellschaft seien. Und so schauen auch sie schick aufgemacht still in sein Objektiv, weit davon entfernt, visuell ihre Lebensumstände zu spiegeln.

Das gilt auch für die beklemmende „Death Row Exonorees“-Serie (2019). Ein Dutzend dem Todestrakt entkommene Menschen sind da abgebildet, sie leben nur noch, weil sie unschuldig sind, was nach endlosen Jahren bewiesen wurde. Kwame Ajamu verbrachte 39 Jahre im Knast, Sabrina Butler-Smith „nur“ fünf. Beide bleiben Opfer einer drittklassigen Justiz, die hunderte Frauen und Männer zu Unrecht in Todeszellen steckte.

Wichtig: In Essen ist noch bis Ende Juli die Ausstellung „Survivors“ von Martin Schoeller mit Porträts von Holocaust-Überlebenden zu sehen. Diese unglaublich präsente Schau im kargen Salzlager der früheren Kokerei Zollverein verändert die Besucher.

Martin Schoeller | bis 13.9. | NRW Forum Düsseldorf | 0211 56 64 27 49

Peter Ortmann

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