Sie fressen sich durch die Wiesen, trampeln durchs Terrain und schützen dabei das Klima: Eine Herde Wisente, auch europäische Bisons genannt, hat in den Karpaten ein neues zu Hause gefunden. Dort sollen sie sich nicht nur einen neuen Lebensraum erschließen, sondern auch auf natürliche Weise das Klima retten- oder zumindest dazu beitragen. Klingt verrückt? Nicht unbedingt.
Neuer Lebensraum für Klima-Bisons
Die ausgewilderte Wisentherde wurde aus dem Donaumoos im Dreieck Ingolstadt, Neuburg an der Donau und Pöttmes nach Rumänien gebracht. Im Țarcu-Gebirge sollen die zehn Tiere in den Graslandschaften der Südkarpaten in Freiheit leben – auch um den Bestand der Wisente in freier Wildbahn zu sichern. Drei der zehn Wisente stammen aus einer Herde im Donaumoos, die anderen Tiere wurden aus verschiedenen Gehegen umgesiedelt. Die meisten Tiere sind Jungkühe, zwei sind Jungbullen. Seit April 2024 leben die Tiere gemeinsam auf einer abgetrennten Weide, um sich aneinander zu gewöhnen, wie es in Medienberichten heißt.
Vor mehr als 200 Jahren wurden Wisente in der rumänischen Graslandschaft ausgerottet. Das Ökosystem wurde einer über Jahrmillionen angepassten Art beraubt, riesige Mengen CO2 wurden freigesetzt. Die Rückkehr der Tiere soll nun helfen, das ökologische Gleichgewicht wiederherzustellen: Nach Angaben der Global Rewilding Alliance bindet das fünfzig Quadratkilometer große Gebiet mit den Wisenten 9,8-mal mehr Kohlenstoff als ohne sie. Eine Herde von 170 Wisenten würde das Klima sehr positiv beeinflussen.
Erfolg für Natur- und Klimaschutz
Rund 54.000 Tonnen CO2 könnten laut einer Studie der Universität Yale durch Bison-Herden jährlich eingespart werden. Allerdings wurden diese Ergebnisse noch nicht von weiteren Forschungseinrichtungen überprüft, die tatsächlichen Einsparungen könnten variieren. Nachgewiesen ist, dass Wisente in mehrfacher Hinsicht zur Verbesserung des Klimas beitragen: Durch ihre Beweidung beugen sie der Verbuschung der Landschaft vor, fördern so die Pflanzenvielfalt, was wiederum dazu beträgt, dass Böden mehr CO2 binden können. Durch die Verdauung der Tiere werden Nährstoffe und Samen verteilt, was die Humusschicht des Bodens stärkt und die Kohlenstoffspeicherung erhöht. Durch ihre Bewegungen wird der Boden zudem belüftet, wodurch einerseits weniger Methan entsteht. Andererseits verdichten die schweren Tiere den Boden, wodurch weniger CO2 entweicht.
All das macht Wisente zu wichtigen Akteuren im Kampf gegen den Klimawandel, insbesondere in Mooren, die große Mengen an Kohlenstoff speichern können.
Ökologisches Umdenken als Hoffnung
Dass größere Säugetiere eine wichtige Rolle im Kohlenstoffkreislauf spielen, wird auch von weiteren Stellen bestätigt. Wildnis wiederherstellen bedeute auch, große Säugetiere in ihre natürlichen Lebensräume zurückzubringen oder ihre Populationen dort zu unterstützen. Das ist ein Beitrag zum Klimaschutz, da diese Tiere mehr Kohlenstoff in Pflanzen und Böden binden, wodurch weniger CO₂ in der Atmosphäre verbleibt. Allerdings trage eine Wiederansiedlung nicht an jedem Ort der Welt Früchte: Bisons in der nordamerikanischen Prärie könnten nicht die gleichen Klimaeffekte erzielen, heißt es von den Forschende der Yale Universität. Auch ein bereits erprobter Versuch in Nordrhein-Westfalen gilt als gescheitert – jedoch aus überwiegend länderpolitischen Gründen.
Die Umsiedlung der Wisente aus dem Donaumoos nach Rumänien weckt also Hoffnung: Es zeigt, wie eine lokale Maßnahme globale Wirkung haben kann. So könnte der Erfolg der Herde im Țarcu-Gebirge als Vorbild für ähnliche Projekte dienen, wie Arten-, Natur- und Klimaschutz Hand in Hand gehen können.
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