Kino ist weit mehr als das Tagesgeschäft mit den Neustarts. Natürlich beherrscht das wöchentliche Kinoprogramm in den einschlägigen Häusern, vom Multiplex über das gehoben Arthauskino bis zum kleinen Haus mit nur einem Saal das Geschehen. Das ist auch auf den folgenden Seiten so, und das ist die Gegenwart des Kinos. Aber die Geschichte ist ebenso wichtig wie die Gegenwart. Nicht nur, um ein cineastisch interessiertes Publikum zu befriedigen, sondern auch, um neues, junges Publikum für Film und Filmgeschichte zu gewinnen. In den Arthauskinos gibt es ein entsprechendes, meist von Filminitiativen kuratiertes Sonderprogramm – Retrospektiven, Wiederaufführungen, Themenreihen. Eine dieser Initiativen hat sogar einen eigenen Kinosaal. Im vergangenen Jahr feierte der Kölner Filmclub 813 im Kino in der Brücke sein 25-jähriges Jubiläum. Das Programm des hoch ambitionierten Vereins reicht vom Stummfilm zum Gegenwartskino, vom Arthausfilm zur Exploitation. Zurzeit ist u.a. eine kleine Filmreihe zu sehen, die den Ende Januar verstorbene Nouvelle-Vague-Regisseur Jacques Rivette ehrt.
Für die Filmbildung in einer Stadt ist – vergleichbar mit dem Theater oder dem Museum – das Kommunale Kino zuständig. In vielen Städten entstanden Anfang der 70er Jahre die von der Kommune finanzierten Kinos. Ein klassisches Kommunales Kino – das ist die schlechte Nachricht – gibt es in Köln jedoch nicht. Der Widerstand der gewerblichen Kinos verhinderte eine Gründung, stattdessen gab es seit den frühen 70er Jahren mit der Cinemathek e.V. im Wallraf-Richartz-Museum einen Kompromiss, der sich bis 2001 hielt. Nach fünf Jahren Leerstand ging dann abermals ein Kölner Sonderweg an den Start: Mehrere Institutionen taten sich zusammen, um den Kinosaal im Museum Ludwig finanziell zu stützen und inhaltlich zu bespielen. Im März feierten die aktuellen Mitglieder des Filmforum – der WDR, die Film und Medienstiftung NRW, die Stadt Köln, die Internationale Filmschule Köln (ifs), der Verband der Kölner Filminitiativen KinoAktiv, die KölnMusik und das Museum Ludwig das zehnjährige Bestehen. Das Filmforum, dessen Programm auch vom Kulturamt der Stadt Köln finanziell unterstützt wird, zeigt also nicht ein aus einer Hand kuratiertes Programm, sondern es fließt heterogen von den einzelnen Mitglieder-Institutionen zusammen. Das hat sowohl Vor- als auch Nachteile.
Von Vorteil sind die Synergieeffekte, die sich in Bezug auf die Inhalte und das Publikum einstellen. Musik, Kunst und andere Themen fließen hier mit explizitem Filminteresse zusammen, verbinden unterschiedliche Perspektiven zum Film und bündeln so auch Interessensgruppen. Um dem offensichtlichen Nachteil dieser Organisationsform – ein vielteiliges, unsystematisch kuratiertes Programm – entgegenzuwirken, bietet das Filmforum von den Mitgliedern gemeinsam kuratierte Themenreihen an, die mit den „Filmgeschichten“ seit letztem Jahr auch durchgehend stattfinden. Symposien zur Zukunft des Kinos ergänzen das Angebot und verleihen dem Programm einen stabilen, filmhistorischen und filmtheoretischen Kern. Und somit – und das ist die gute Nachricht – kommt das Filmforum NRW einem Kommunalen Kino zumindest inhaltlich schon sehr nah.
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