Wet Sand
Schweiz, Georgien 2021, Laufzeit: 115 Min., FSK 12
Regie: Elene Naveriani
Lakonisches Sozialdrama
Dorf voller Geheimnisse
„Wet Sand” von Elene Naveriani
Ein alter Mann sitzt am Tisch, trinkt ein Glas Wein, schreibt einen Brief und hört den melancholischen Song „Our Love Lies“ von den Swans. Schon in den ersten Einstellungen von Elene Naverianis erstem langem Film „Wet Sand“ spürt man eine gewisse Hilflosigkeit, eine Ausweglosigkeit, ein Gefangensein. Wenig später erfahren wir, dass der alte Mann, Eliko, sich in seiner Wohnung erhängt hat. Jetzt wissen wir, dass der Brief ein Abschiedsbrief war. An wen er ihn adressiert hat, wird uns die georgische Regisseurin noch eine gewisse Zeit vorenthalten. Überaus gemächlich ist ihr Film entwickelt, zelebriert die langen Einstellungen und die Langsamkeit, die exemplarisch zu sein scheint für das kleine Dorf am Schwarzen Meer und seine Bewohner, die noch in strengen Konventionen gefangen sind und allen, die nicht der Norm entsprechen und nicht den Absprung nach Tiflis geschafft haben, das Leben schwermachen. Einer von diesen Hängengebliebenen war Eliko, den keiner im Dorf so richtig leiden konnte. Außer Amnon (Gia Agumava), der Besitzer des Cafés, in dem auch Eliko zu den Stammgästen zählte. Nun benachrichtigen die Dorfbewohner Elikos Angehörige, die einzige scheint seine Enkelin Moe (Bebe Sesitashvili) zu sein. Schon schnell nach ihrer Ankunft merkt die junge Frau, dass sie hier nicht mehr Zeit verbringen wird, als unbedingt nötig ist. Aber Fleshka (Megi Kobaladze), die in Amnons Café bedient, macht der Neuangekommenen schöne Augen. Damit ist sie im Dorf nicht die Einzige, die vor der fundamental-christlichen Gemeinde, die sich standhaft weigert, den Selbstmörder Eliko auf dem Friedhof beizusetzen, ein Geheimnis hat.
Es dauert fast eine Stunde, bis der eigentliche Konflikt des Films deutlich zu Tage getreten ist. Bis dahin schwelgt Elene Naveriani in kargen Momentaufnahmen aus einem Dorf, das wie aus der Zeit gefallen scheint. Auf diesen langsamen Erzählrhythmus muss man sich einlassen, die gut eingefangenen Bilder in sich aufnehmen und auf sich wirken lassen. Eher zwischen den Zeilen erfährt man dabei nach und nach, wie die Leute in diesem entlegenen Landstrich ticken, wie schwer es modern denkende Menschen haben dürften, sich in deren Mitte zurecht zu finden. Im zweiten Teil ihres Films werden dann gleich mehrere Geheimnisse gelüftet, von denen zwei mit der Queerness von Dorfbewohnern zu tun haben, die diese aus gutem Grund im Verborgenen gehalten hatten. Mit Hilfe eines guten Darstellerensembles entfaltet die Regisseurin dann eine bittere Geschichte um Diskriminierung, Gewalt und Liebesleid, die das Publikum in ihren Bann zu ziehen versteht.
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