Im Herzen der See
USA 2015, Laufzeit: 121 Min., FSK 12
Regie: Ron Howard
Darsteller: Chris Hemsworth, Benjamin Walker, Cillian Murphy
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Hochsee-Abenteuerdrama
Weißer Wal sieht rot
„Im Herzen der See“ von Ron Howard
„Im Herzen der See“ erzählt die auf wahren Ereignissen beruhende Geschichte, die Herman Melville Mitte des 19. Jahrhunderts zu seinem Roman „Moby Dick“ inspirierte. Die Geschichte des Walfängerschiffs Essex, das auf einen großen, weißen Wal trifft, der der Crew nachhaltig zu schaffen macht. An Bord: Der unerfahrene Kapitän George Pollard (Benjamin Walker), der in den Posten hinein geboren wurde. An seiner Seite der ehrgeizige Erste Offizier Owen Chase (Chris Hemsworth), der so gar nicht einverstanden ist mit der Hierarchie an Bord, wurde ihm doch schon längst die Befehlsgewalt über ein eigenes Schiff versprochen. Fortan lautet die Devise: Greensporn vs. Heißsporn. Die zwei Männer geraten dramatisch aneinander, als Chase einen Befehl verweigert und damit das Schiff rettet. Bevor der Konflikt eskaliert, gesellt sich aber eine dritte streitsüchtige Franktion dazu: Die Crew stößt nach wenig ertragreichen Wochen endlich auf eine Walherde. Als die Matrosen ein Muttertier attackieren, sieht ein Wal rot und greift das Schiff an.
Ron Howard („The Missing“, „Frost/Nixon“, „Rush“) setzt auf großes, satt inszeniertes Abenteuerkino. Den Rahmen seines Hochseedramas bildet Herman Melville (Ben Whishaw, „Spectre“) selbst, der Ende der 1840er Jahre auf Suche nach Inspiration einen Matrosen interviewt, der zur Crew der Essex gehörte. Ähnlich wie in James Camerosn „Titanic“ bebildert der Film die Erinnerungen eines greisen Zeugen und kehrt dabei wiederholt zu ihm und seinen Zuhörern zurück. Brendan Gleeson verkörpert den alten Kauz, der seine Geschichte nur widerwillig und auf Drängen seiner Gattin hin zum Besten gibt. Denn was er dort als junger Mann erlebt hat, ist in mehrfacher Hinsicht delikat.
Howard inszeniert atemberaubend und hält die Spannung. Weder Story noch Musik erliegen dabei den Versuchungen eines verklärten Hollywoodpathos‘ – das Leben auf See ist rau und kompromisslos und gebietet keinen Raum für Eitelkeit und Hahnenkämpfe. Um so erstaunlicher, dass Howard das Abenteuer mitunter arg kulissenhaft gestaltet, vor allem aber in satte Farbfilter tränkt. Howard kredenzt glatten Hochglanz auf rauer See. Zum einen ist „Im Herzen der See“ seemeilenweit entfernt von „Fluch der Karibik“. Zugleich aber bedient er sich des gleichen märchenhaft verkitschten Looks. Vermutlich sucht Howard damit die Verneigung vor alten Klassikern. Nur wirken seine Bilder dabei weniger Retro als vielmehr synthetisch. Das ist allerdings kein grundlegendes Problem – und bleibt nicht zuletzt Geschmacksache.
Spannung, Drama und Humor halten sich gesund die Waage in einer Geschichte, die vordergründig Überlebensdrama ist und sich dabei auch mal das eine oder andere verklärte Element zugesteht. Die Darsteller überzeugen allesamt. Allen voran Chris Hemsworth („Thor“, „Rush“) als Draufgänger, der Autoritäten trotzt und die Sprache der Männer spricht. Spaß macht auch Cillian Murphy, der bisher, ob als Goodie oder Baddie, gern den entrückt filigranen Typen gab und hier in ungewohnter Rolle aufspielt. Spannendes Abenteuerdrama, das Männer und Frauen gleichermaßen gefallen dürfte.
(Hartmut Ernst)
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