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Christoph Schmidt
Foto: ADFC

„Neue Fahrradbrücken auf den Weg bringen“

11. März 2021

Christoph Schmidt (ADFC) über Radverkehr auf Kölner Brücken – Interview 03/21

Was wäre Köln ohne den Rhein? Auf jeden Fall eine Stadt mit einem Verkehrsproblem weniger. Über 500 Meter muss überwinden, wer auf die andere Seite will, wo die Freunde, die Arbeit oder das Lieblingsgeschäft warten, oder auch nur der schönere Ausblick. Die Leverkusener Brücke als halbe mitgezählt, verbinden siebeneinhalb Brücken die beiden Kölner Rheinseiten, mit einer stark abnehmenden Brückendichte außerhalb der Innenstadt. (Außerhalb der Stadt, zwischen Leverkusen und Neuss, Köln-Süd und Bonn gibt es dann gar keine Brücken mehr.) Alle Rheinquerungen sind auch von Fußgängern und Radfahrern nutzbar – mit unterschiedlichem Aufwand. Wir sprachen mit Christoph Schmidt vom Kölner ADFC über Risiken und Nebenwirkungen für Radfahrer.

choices: Christoph, welche Kölner Rheinbrücken sind für den täglichen Radverkehr aktuell besonders relevant? Welchen Ruf haben die Brücken bei den Radfahrern und welche Noten würdet ihr ihnen geben?
Christoph Schmidt:
Im Grunde werden alle acht Brücken je nach Wohnort, Arbeitsort oder sonstigem Ziel von Radfahrenden genutzt. Aber leider ist keine der Rheinquerungen wirklich gut geeignet. In der Regel haben Radfahrende viel zu wenig Platz oder müssen gar Treppen nutzen, um die Brücken erreichen zu können. Über eine Schulnote „befriedigend“ kommt keine Brücke hinaus.

Was ist noch zu tun, um die Zugänglichkeit dieser Brücken zu verbessern?
Wir erhoffen uns, dass die Einspurigkeit der Mülheimer Brücke für den Autoverkehr aufrechterhalten wird und jeweils ein Fahrstreifen für den Radverkehr umgewandelt wird. Ebenso wird es an dieser Brücke bessere Rampen geben. Für die Nordseite der Hohenzollernbrücke und für die Südbrücke muss es Rampen geben, die den Breslauer Platz bzw. einen künftigen Radschnellwegring anbinden.

Die Mülheimer Brücke soll schon bald per Radschnellweg erreichbar werden.
Es kommen bald zwei Radpendlerrouten aus Leverkusen und Bergisch Gladbach an der Mülheimer Brücke an. Diese werden dann über die Brücke mit dem Radweg durch den Niehler Gürtel verbunden, um dort autofrei bis Ehrenfeld zu fahren. Wir erwarten hier extremen Zuwachs, den der alte Radweg auf der Brücke allein nicht bewerkstelligen kann. Daher braucht es dort einen breiten, geschützten Radfahrstreifen auf der Fahrbahn.


Deutzer Brücke während Corona, Foto: Jan Schliecker

Seht ihr bei einer der restlichen Brücken noch besonderes Potential, zukünftig mehr dem Radverkehr zu dienen?
Die von vielen Menschen genutzte Deutzer Brücke ist im Berufsverkehr vollkommen überlastet. Mittelfristig müssen wir auch hier über eine Raumumverteilung reden. Besonders wichtig wäre auch endlich ein geschlossener S-Bahn-Ring. Köln ist wohl die einzige Millionenstadt mit einem derart kleinen S-Bahn-Netz.

Inwiefern betrifft das Radfahrer?
Direkt betroffen ist der Radverkehr nicht. Aber wir brauchen mehr Platz für Radinfrastruktur. Der muss vom Auto kommen. Dazu braucht es weniger Autos. Dazu braucht es auch einen viel besseren ÖPNV. Und da sind S-Bahn-Verbindungen ins Umland mit möglichst direkter Anbindung der innerstädtischen Ziele elementar.

Welche Planungsprozesse stehen derzeit auf der Agenda, an welchen Diskussionen würdet ihr 2021 eine rege öffentliche Teilnahme für wichtig halten?
Wir müssen in diesem Jahr endlich die neuen Fahrradbrücken als Verlängerung der Ringe über den Rhein auf den Weg bringen. Die geplante Basteibrücke sollte dabei nicht nur bis zum Rheinpark gehen, sondern über die Messe und die Bahnanlagen hinweg auch Mülheim und Kalk anbinden. Das wäre ein echter Meilenstein.

Woran hakt es noch bei den beiden Ring-verlängernden Fahrradbrücken?
Man müsste es im Grunde einfach mal machen. Die Stadt hat zu wenig Ingenieure und priorisiert diese im Amt für Brückenbau nicht unbedingt zugunsten der Verkehrsteilnehmer ohne Automobil. Wir müssen die Barrieren durch den Rhein und die großen Bahnanlagen überwinden, um den Radverkehr insbesondere für Berufspendler attraktiver zu machen.

Was haltet ihr von der Idee neuer „Umweltbrücken“ für ÖPNV, Fuß- und Radverkehr, wie sie das Bündnis Verkehrswende mit Verweis auf die Bogenbrücke Kehl/Straßburg vorschlägt?
Eine Kombination aus Fahrrad- und Stadtbahnbrücke wäre in Köln auf Höhe des Ubierring denkbar, um die Ringbahn über den Rhein zu führen und insbesondere den neuen Deutzer Hafen anzubinden.

Welche Verbesserungen für Radfahrer sind an der Leverkusener Brücke zu erwarten?
Der Radweg wird im Rahmen des Neubaus leider nur minimal breiter. Das Land hat sich hier leider jeglichen Verbesserungen verweigert.

Wie breit müssen Radwege und Radschnellwege sein und was ist auf Brücken wie unseren realistisch?
Ein Radschnellweg mit Radverkehr in beide Richtungen benötigt 4-5 Meter Breite. Das ist durchaus machbar, wenn man bereit ist, Platz umzuverteilen.


Südbrücke, Foto: Jan Schliecker

Hohenzollernbrücke und Südbrücke gehören der Deutschen Bahn. Seht ihr hier Chancen für die Zukunft?
An der Hohenzollernbrücke gibt es ja schon konkrete Pläne. Der Zeitplan ist aber ungewiss, weil hier die Erweiterung beider Bahnhöfe um zusätzliche Gleise in Konflikt steht. Für die Südbrücke gibt es noch keine Gespräche, aber hier war durchaus im Rahmen des Radverkehrskonzepts Innenstadt ein Radweg in Diskussion, der den neuen Stadtteil Deutzer Hafen mit einem zukünftigen Radschnellwegring entlang der Bahngleise verbinden würde.

Bis die Hohenzollernbrücke umgestaltet ist, muss man als Radfahrer zu Fuß über die Brücke?
Nein, man darf da radfahren, sowohl auf der Nord- wie auf der Südseite. Die Beschilderung besagt, es ist ein gemeinsamer Geh- und Radweg. Im Norden ist aber an der linken Rheinseite eine Treppe.


Hohenzollernbrücke, Foto: Jan Schliecker

Sind euch große Verkehrsbrücken bekannt, die heute schon ein Modell für die Zukunft sind?
Hierzulande sind die Brücken zumeist in einem Alter, bei dem damals Radverkehr noch nicht ernst genommen wurde. Der Landesbetrieb Strassen.NRW und andere Behörden müssen hier noch das Umdenken lernen.

Gibt es im Zusammenhang mit den Rheinquerungen noch Unfallbrennpunkte, die Radfahrer beachten müssen?
Besonders kritisch sind die Engstellen an den Pylonen der Mülheimer Brücke und auf Höhe des Maritim-Hotels an der Deutzer Brücke. Außerdem sorgen die Asphaltblasen und die Bordsteinkanten auf den Abfahrten und Rampen der Severinsbrücke für regelmäßige Stürze. Es gab hier erst kürzlich eine lebensgefährlich verletzte Seniorin.


Deutzer Brücke: Schlecht einsehbare Radwegekreuzung mit endendem Fußweg
Foto: Jan Schliecker

Die Zahl der Gruppen, die sich im Bereich nachhaltiger Mobilität engagieren, ist in Köln stark angewachsen. Hat dies die Arbeit des ADFC verändert? Wir haben uns selbst deutlich vergrößert und haben mittlerweile in fast allen Bereichen in Köln Ansprechpartner für Politik und Verwaltung. Jede neue Gruppe, die die Verkehrswende voranbringt, ist zu begrüßen. Es ist sicher eine Herausforderung für die Verwaltung, die Beteiligungsprozesse so zu koordinieren, dass die Pläne auch irgendwann umgesetzt werden und nicht ständig nur in Diskussion bleiben.

Wie beurteilt ihr das politische Klima für die Verkehrswende in Köln seit den Kommunalwahlen und dem neuen Ratsbündnis?
Wir können die Auswirkungen der Neuwahl noch nicht beurteilen. Wir warten gespannt auf die Ergebnisse der Verhandlungen der neuen Mehrheitskoalition. Interessant war, dass direkt nach der Wahl sehr viele Vorlagen gleichzeitig in die politischen Gremien gingen, die offensichtlich schon vor der Wahl erarbeitet wurden.

Interview: Jan Schliecker

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