Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
25 26 27 28 29 30 31
1 2 3 4 5 6 7

12.554 Beiträge zu
3.784 Filmen im Forum

„Macbeth“
Foto: Yannick Hehlgans

Bis die Leichen sich stapeln

26. Januar 2017

Shakespeares „Macbeth“ in der Orangerie – Theater am Rhein 02/17

Die Provokation kommt gleich zu Beginn: Die drei Hexen in Shakespeares „Macbeth“ sind vollverschleiert und sagen dem Titelhelden sein Schicksal voraus. Gibt es einen Zusammenhang zwischen islamischer Prophetie und den Weissagungen der Hexen? Erfüllt sich an Macbeth ein religiöses Gesetz? Verbindet sich islamistische Eschatologie mit Macbeths brutalem Machtstreben? Oder geht es nur um Krieg? Die Kopftuch-Entscheidung von Regisseur Stefan Krause bleibt weitgehend folgenlos. Die restliche Truppe lässt sich davon nicht weiter beeindrucken und führt auch keinen Religionskrieg, sondern metzelt sich einfach aus Machtgier dahin.

Es ist eine militarisierte Gesellschaft, in der Macbeth und Banquo wie zwei kampferprobte Soldatenkumpel miteinander umgehen. Frank Baumstark als Macbeth allerdings erfasst schon beim Mord an König Duncan das große Zittern. Ein Nervenbündel, das sich Cathrin Schaible als Lady erotisch-soldatisch zur Brust nimmt. Der Banquo des Jürgen Clemens ruht in sich selbst, strahlt eine selbstverständliche Körperlichkeit aus. Sein Tod allerdings wird etwas lächerlich mit dem Laserpointer vollzogen. Nichtsdestotrotz: Die Schauspieler glänzen, wenn auch gelegentlich die Pathosschicht allzu dick aufgetragen ist. Worauf Stefan Krauses Interpretation zielt, bleibt allerdings rätselhaft. Geht es um persönliche Macht-Gier? Um die Militarisierung der Gesellschaft? Um die Implantierung des Bürgerkriegs in die Gesellschaft?

Das Bühnenbild liefert auch keinen Aufschluss: Drei schmale hölzerne Treppen, die durch einen weißen Torbogen verbunden sind. Alles mit der Anmutung einer Probendekorationen. Es wird ständig rauf- und runtergestiegen, doch der Standort der Figuren sagt kaum etwas über die jeweiligen Machtverhältnisse aus. Krause will es martialisch. Das Trennsignal zwischen den Szenen erinnert an ein Maschinengewehrknattern. Am Schluss wird dann auch noch ohrenbetäubend geballert, bis endlich die Leichen sich stapeln – und Duncans Sohn Malcolm als Sieger die Macht übernimmt.

„Macbeth“ | R: Stefan Krause | 8.-11.2. 20 Uhr | Neues Schauspiel Köln / Orangerie | 0221 952 27 08

HANS-CHRISTOPH ZIMMERMANN

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Chantal im Märchenland

Lesen Sie dazu auch:

Das Theater der Zukunft
„Loop“ am Orangerie Theater – Prolog 04/24

Musik als Familienkitt
„Haus/Doma/Familie“ am OT – Theater am Rhein 03/24

Falle der Manipulation
„Das politische Theater“ am OT – Theater am Rhein 02/24

„Wir wollten die Besucher:innen an einem Tisch versammeln“
Subbotnik zeigt „Haus / Doma / Familie“ am Orangerie Theater – Premiere 02/24

Radikaler Protest
„Ein Mensch ist keine Fackel“ in der Orangerie – Theater am Rhein 01/24

Was ist hinter der Tür?
„Die Wellen der Nacht …“ in der Orangerie – Theater am Rhein 12/23

Trauma und Identität
„Mein Vater war König David“ in Köln – Theater am Rhein 10/23

Die extremste Form des Protests
„Ein Mensch ist keine Fackel“ in der Orangerie – Prolog 10/23

Überleben im männlichen Territorium
Festival Urbäng! 2023 im Orangerie Theater – Prolog 09/23

„Mir war meine jüdische Identität nie besonders wichtig“
Lara Pietjou und Regisseur Daniel Schüßler über „Mein Vater war König David“ – Premiere 09/23

Offen für Genreüberschreitung
Open Mind Festival in der Orangerie – Musik 06/23

Identitäre Spiegelungen
„Der blinde Fleck“ in der Orangerie – Theater am Rhein 06/23

Theater am Rhein.

Hier erscheint die Aufforderung!