Zeit zum Eingewöhnen brauchen die Bandmitglieder von „Hands Up – Excitement!“ in Köln jedenfalls nicht. Fünf Minuten vor Konzertbeginn gehen sie so selbstverständlich wie jeder Kölner erst mal zum Kiosk und trinken Jägermeister aus kleinen Flaschen. Laue Sommerabende bringen es mit sich, dass auch das Publikum zum Großteil noch draußen vor der Bar steht. Nach dieser kleinen Einstimmung auf den Abend sind Band und Publikum angekommen und alle nehmen ihre Plätze entweder entlang der Bar oder eben auf der Tanzfläche des King Georg ein, die nun die Bühne ist für „Hands up – Excitement!“.
Spätestens nach dem ersten Song mit der Hookline „I can't save you with my lies“ ist auch dem uninformierten Konzertgänger klar: das hier wird nicht ausgelassen lustig. DDR-Punk-Legende Hans Narva bringt es auf den Punkt: „Vielleicht wird’s schöner, aber auf jeden Fall trauriger“. Es stimmt beides. Das Motto der Band und ein gleichnamiger Song erheben die Parole „Es ist nicht schlimm, dass Du nie wieder glücklich wirst“. Und das ist es nicht, denn man kann so wunderbare Musik machen. Der letzte Teil nach kurzer Pause ist sogar fast noch beschwingt, was aber nichts an der verträumten Grundstimmung ändert, die sich eingestellt hat. Nichts läge jetzt ferner als Hände heben, es sei denn, man möchte sich in die Arme fallen.
Der Star des Abends − so denkt man vielleicht − ist natürlich August Diehl. Der sonst so sprachgewandte Schauspieler schweigt aber und überlässt Hans Narva die Moderation. Diehl ist ganz in sein Gitarrenspiel vertieft, manchmal schaut er rüber zu seiner Frau Julia Malik − ebenfalls Schauspielerin. Narva, Mitglied der einstigen DDR-Band „Herbst in Peking“, hat eine unaufdringliche Stimme, die den Streichinstrumenten genügend Raum lässt. Keine Frage, er ist eine Type, wie man in Berlin sagen würde. Vor zwei Jahren wurde er deshalb zum Protagonisten von Claudia Lehmanns Dokumentarfilm „Hans im Glück“. Aber eine Rampensau ist er nicht. Und das ist das Schöne an dem Auftritt von „Hands up – Excitement!“: die sechs Musiker sind gleich stark.
Band und Bar hätten ein etwas volleres Haus verdient, aber immerhin war dadurch genug Platz für die sechs Musiker und ihrem aufwendigen Instrumentarium, hatte sich doch Christian Meyer schon Sorgen gemacht, es würde zu eng werden. „Hands up – Excitement!“ bescherten einen traurig-schönen Abend im King Georg. Es ist zu hoffen, dass sie sich mal öfter in Köln zeigen, wo sie die Rituale doch sowieso schon drauf haben.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
„Der Jazz wird politischer und diverser“
Jurymitglied Sophie Emilie Beha über den Deutschen Jazzpreis 2024 – Interview 04/24
Überbordende Energie
Dead Poet Society live im Luxor – Musik 04/24
In alter Blüte
Internationales Line-up beim Kunst!Rasen Bonn 2024 – Festival 04/24
Kleinteilige Tonalität
Das Festival „Acht Brücken“ erforscht die Zwischentöne – Festival 04/24
Einfach mal anders
Das stARTfestival der Bayer AG in Leverkusen geht eigene Wege – Festival 04/24
Geschichtsträchtige Konzerte
Wandelbare Ikonen und perfekte Coverbands – Unterhaltungsmusik 04/24
Von Polen bis zu den Kapverden
Over the Border-Festival in Bonn – Musik 03/24
Von Zähnen und Schwänen
Schwergewichtige Sounds und debiler Humor – Unterhaltungsmusik 03/24
Bratschen im Fokus
„Violas Go Wild“ in der Kölner Philharmonie – Musik 02/24
Musik mit und ohne Verkleidung
Trotz Karneval ist Platz für Konzerte in Köln – Unterhaltungsmusik 02/24
Wann durchstarten, wann aufhören?
Der Konzert-Januar läuft sich nur langsam warm – Unterhaltungsmusik 01/24
Kalte Klänge für kühle Zeiten
Kölner Subkultur und deutsche Popmusik – Unterhaltungsmusik 12/23
Spiel mit der Melancholie
Andreas Staier im MAKK – Musik 11/23
Musik fürs Seelenheil
Zarte Klänge für die kalte Jahreszeit – Unterhaltungsmusik 11/23
Power-Pop aus Glasgow
Teenage Fanclub in der Kulturkirche – Musik 10/23
Immer neue Konstellationen
Sisters in Jazz in Bonn – Musik 10/23
Die Briten kommen!
Sehr britischer Schnodder-Sound auf Kölner Bühnen – Unterhaltungsmusik 10/23
Schubert umgedeutet
„Lass irre Hunde heulen“ in Bonn – Musik 09/23
Zärtliche Zukunftssounds
Neue Konzert-Saison mit Heimatklängen – Unterhaltungsmusik 09/23
„Von Alt bis Neu wird alles dabei sein“
Mathis Stier über sein Konzert im Rahmen der Reihe Rising Stars in Köln – Interview 08/23
Zu den Wurzeln
Techno Is Black Again in Köln-Mülheim – Festival 08/23
Verbindung zweier Welten
Afrika Festival in Bad Godesberg – Musik 07/23
Im grellen Licht
Kölner Musiksommer mit Megaevents und kleinen Bühnen – Unterhaltungsmusik 07/23
Sound auf Rädern
Manu Delagos ReCyclingTour 2023 – Musik 06/23
Offen für Genreüberschreitung
Open Mind Festival in der Orangerie – Musik 06/23