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Christine Repond, Barbara Auer und Joachim Kühn

Schock-Diagnose

14. März 2019

„Vakuum“ in der Außenspielstätte am Offenbachplatz – Foyer 03/19

Mittwoch, 13. März: Wieder einmal hat sich gezeigt, dass es heutzutage nicht gerade einfach ist, einen gesellschaftlich relevanten und künstlerisch herausragenden Film zu realisieren. Christine Repond, die 2007 beim Gemeinschaftsprojekt „GG 19 – Eine Reise durch Deutschland in 19 Artikeln“ erstmals als Regisseurin aufgefallen war, hatte bei der Realisierung ihres zweiten Langspielfilms „Vakuum“ mit enormen Problemen zu kämpfen. Das erzählte die gebürtige Schweizerin, die mittlerweile in München lebt, bei der Köln-Premiere ihres Films. Ihre Förderanträge für den Film in Deutschland seien allesamt abgelehnt worden, weswegen Repond in ihre Schweizer Heimat ging, wo die Finanzierung des Projekts innerhalb weniger Wochen unter Dach und Fach war. Das zog einige dramaturgische Änderungen am Drehbuch nach sich, welches in Folge auch noch einmal im Schnittprozess einige Umgestaltungen erfuhr. Nachdem „Vakuum“ nun bereits eine beeindruckende Festivalkarriere hinter sich hat und u.a. im estnischen Tallinn, im schwedischen Göteborg und auf dem Braunschweiger Filmfestival gezeigt wurde, startet er nun bundesweit regulär in den Kinos. Als Preview hatte der Kölner Verleih RealFiction in die Außenspielstätte am Offenbachplatz geladen und begrüßte zum Gespräch neben der Filmemacherin Christine Repond auch die einnehmende Hauptdarstellerin des Films, Barbara Auer.

Christine Repond und Barbara Auer in der Außenspielstätte am Offenbachplatz

Diese erzählte vor ausverkauftem Haus, dass sie sich bereits zwei Jahre vor Drehbeginn zum ersten Mal mit der Regisseurin getroffen hatte und direkt Feuer und Flamme für das Projekt gewesen sei. „Ich wollte das unbedingt spielen, die Rolle übte einen besonderen Reiz auf mich aus. Mit der Figur konnte ich etwas Neues ausprobieren, so etwas war mir in dieser Form bislang noch nicht begegnet“, zeigte sich die Hauptdarstellerin begeistert. Zu jenem frühen Zeitpunkt war auch noch gar nicht klar, wer die männliche Hauptrolle an ihrer Seite übernehmen könnte. Als Christine Reponds Wahl auf den Schweizer Theaterstar Robert Hunger-Bühler fiel, war dieser zunächst wenig begeistert von dem Angebot. Die Filmemacherin berichtete: „Hunger-Bühler wollte dieses Weichei eigentlich nicht spielen, er wollte seine Figur aktiver gestalten.“ Und Barbara Auer ergänzte, dass es die Ehefrau ihres Kollegen gewesen sei, die den Schauspieler davon überzeugen konnte, den Film doch zu drehen. Da sich die beiden Hauptdarsteller zuvor noch nicht persönlich kannten, für den Film aber die Vertrautheit eines seit 35 Jahren verheirateten Paares darzustellen hatten, setzte Repond vor Drehbeginn eine einwöchige Probenzeit in Zürich an, in der sich die beiden kennenlernen konnten. Das war laut Barbara Auer sehr hilfreich, zumal „die Art der Intim- und Sexszenen sehr speziell war, und wir uns langsam aneinander herangetastet haben.“

Joachim Kühn im Gespräch mit Regisseurin und Hauptdarstellerin

Als Grundlage für ihr Drehbuch diente Christine Repond eine wahre Geschichte, die ihr ein befreundeter Arzt erzählt hatte. Es ging dabei um eine 60jährige Frau, die erst durch einen Zufall erfuhr, dass sie bereits an AIDS erkrankt war, weil ihre HIV-Infizierung durch den eigenen Ehemann unbemerkt geblieben war. In Abwandlung zu den realen Vorkommnissen hatte sich die Regisseurin bei „Vakuum“ allerdings dazu entschieden, die Familie des Ehepaares weitgehend auszuklammern und sich voll und ganz auf die Eheleute selbst zu konzentrieren. Daraus entstand der dramaturgische Kniff, mit nur sehr wenig Dialog auszukommen und viel über Blicke und Gesten zwischen dem Paar zu erzählen. Ein Fakt, der Barbara Auer zusätzlich an dem Stoff reizte: „Schweigen kann in einem Drehbuch natürlich nicht in Worte gefasst werden. Dennoch ist es in diesem Fall – genau wie in einem Roman – sehr genau erklärt und geschildert.“ Für Repond ist diese Dialogarmut auch ein Punkt, warum „Vakuum“ besser im Kino als im Fernsehen aufgehoben ist. Ihrer Meinung nach brauche es Geduld und Konzentration, sich auf einen Film mit wenig Dialog einzulassen – wohingegen ein Fernsehfilm eher plotgetrieben sei und größere Dialogschlachten benötige, damit die Zuschauer am Geschehen dranbleiben. Barbara Auer hingegen betonte, dass sie nicht unterscheide, ob ein Stoff fürs Kino oder fürs Fernsehen entstehe. Im Falle von „Vakuum“ habe sie jedoch auch bei den Dreharbeiten bereits gemerkt, dass alles epischer und irgendwie besonders gewesen sei, was sie sehr genossen habe.

Text/Fotos: Frank Brenner

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