Wenn irgendwo auf der Welt riesige Spinnen auftauchen, kann man sicher sein, dass nicht teuflische Wachstumsexperimente wie im Jack-Arnold-Film „Tarantula“ (USA 1955) dafür verantwortlich sind, sondern wahrscheinlich die französische Bildhauerin Louise Bourgeois (1911-2010). Ob die das B-Movie damals gesehen hat ist nicht bekannt, ihre Spinnen-Skulptur „Maman“ (1999) gehört auch erst zu ihrem Spätwerk. Die größte von ihnen ist über neun Meter hoch und trägt in ihrem Beutel 26 Marmoreier. Die Spinnenserie gilt als Schlüsselwerk der Künstlerin und als Hommage an ihre Mutter. Bereits Anfang der 1990er hatte sie mit den „Cells“ begonnen. Das sind kleine Drahtverhaue aus Stahl und Holz, in denen Porträts aus Stoff eingebaut waren. Oder sie hängte drei weibliche Brüste über zwei große Kugeln in einen Käfig. Die Installation von 2001 hieß: „Blick in die Welt einer eifersüchtigen Ehefrau“. Mit vier der „Cells“ war sie dann 2002 auf der documenta 11 und auch mit „The Insomnia Drawings“ (1994-1995). Das sind 200 zum Teil autobiografische Zeichnungen, beschriftete Blätter mit Pflanzen, Landschaften, Linienmustern, in Kassel waren alle gerahmt.
In der renommierten Kölner Galerie Karsten Greve sind noch bis Anfang April Zeichnungen von Louise Bourgeois aus sechs Jahrzehnten zu sehen und natürlich auch zu kaufen. Die Auswahl der Werke, die zwischen 1947 und 2007 entstanden, war Teil der Privatsammlung von Karsten Greve. Eine langjährige Zusammenarbeit verband die beiden. So richtete Karsten Greve der Künstlerin schon 1990 in seiner 1989 eröffneten Pariser Galerie die erste Ausstellung in ihrer französischen Heimat überhaupt aus und zeigte in Köln bis zu ihrem Tod permanent ihre aktuellen Arbeiten. Seit den 1940er Jahren arbeitete Bourgeois mit Farbe auf Papier. Auf diesen Blättern waren bereits Metaphern wie die Spinne zu erkennen, die später in größerem Maßstab ihr Werk bestimmten. Sie war in der Hölle, kam zurück und kaum zu glauben: sie fand sie wunderbar. Zuletzt schuf sie die „Couples“, das sind an Armen und Beinen zusammengenähte, hängende Puppen, aus blauem und aus rosa Stoff, später auch als Multiples.
Louise Bourgeois: Works on paper | 2.3.-7.4., Di-Sa 10-19 Uhr | Galerie Karsten Greve | 0221 257 10 12
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Auflösungen der Form
Leiko Ikemura bei Karsten Greve – kunst & gut 01/22
Das Erwartete unerwartet
Leiko Ikemura in der Galerie Greve
Der Schlaf der Vernunft
Das bizarre Werk des Amerikaners Roger Ballen ist in Köln zu sehen – Kunst 07/15
Die suggestive Kraft des Nichts
Der Maler Gideon Rubin, ein Shooting Star von Morgen - Kunst in NRW 02/12
Wie sich Realität in Farbe auflöst
John Chamberlain experimentiert mit der Panoramakamera – Kunst in NRW 01/12
Körper in Bewegung
Drei Ausstellungen mit Blick auf den Körper: Im Tanz, im Sport und als Motiv der Kunst - Kunst in NRW 10/10
Berührungsängste verboten
„Memory is not only past“ in der ADKDW – Kunst 04/24
Zauber der Großstadt
Nevin Aladağ im Max Ernst Museum Brühl des LVR – kunst & gut 04/24
Das Verbot, sich zu regen
„Es ist untersagt ...“ von Frank Überall im Gulliver – Kunstwandel 04/24
Makroproteste in der Mikrowelt
Agii Gosse in der Galerie Landmann-31 – Kunstwandel 03/24
Ein König schenkt
Schenkungen von Kasper König an das Museum Ludwig – kunst & gut 03/24
Expansion in die Löwengasse
Kunstraum Grevy eröffnet Pop-Up-Store „Grevy Satellite“ – Kunst 02/24
Aufscheinende Traditionen
Helena Parada Kim im Museum für Ostasiatische Kunst – kunst & gut 02/24
Faszination für krumme Linien
Julja Schneider im Maternushaus – Kunstwandel 02/24
Ohne Filter
„Draussensicht“ in der Oase – Kunstwandel 01/24
Malen mit der Farbe
Rolf Rose im Kunstmuseum Villa Zanders in Bergisch Gladbach – kunst & gut 01/24
Gespür für Orte
Füsun Onur mit einer Retrospektive im Museum Ludwig – kunst & gut 12/23
Augenöffner im Autohaus
„The Mystery of Banksy“ in Köln – Kunstwandel 12/23
Ereignisreiche Orte
Simone Nieweg in der Photographischen Sammlung der SK Stiftung im Mediapark – kunst & gut 11/23
Woyzeck im Karneval
„kah.na.v‘aw“ in der Akademie der Künste der Welt – Kunstwandel 11/23
Die Revolution des Friedens
„Héroïnes“ im Bunker K101 – Kunst 10/23
„Das sind keine elitären Räume“
Künstlerin Rike Hoppse und Mitorganisatorin Lea Geraedts über die 18. KalkKunst – Interview 10/23
Sehen in Lichtgeschwindigkeit
Horst H. Baumann im Museum für Angewandte Kunst – kunst & gut 10/23
Seitwärts tickende Zukunft
Museum Ludwig zeigt „Über den Wert der Zeit“ – Kunst 09/23
Ein Leben lang im inneren Tod
Claire Morgan in der Galerie Karsten Greve – Kunstwandel 09/23