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Rheinwärts in die Region

01. Juni 2010

Über altes lokales denken, regionale Perspektive und kommunale Kooperationen - THEMA 06/10

Noch vor 50 Jahren soll es Kölner gegeben haben, die ihr Leben lang nicht aus ihrem Veedel herauswollten. Für ein genügsam-fröhliches Leben war mit Kneipe, Kirche und Karneval auch alles am Platz. Heute ist das Veedel Mythos. Inzwischen bewegt sich der Kölner weitläufig in der Region – zusammen mit anderen Menschen aus dem Umland. Viele, die in Köln leben, arbeiten anderswo, entspannen im Bergischen und radeln den Rhein hinauf und hinunter. Nirgendwo sonst in NRW sind die Anrheiner so mobil wie zwischen Düsseldorf und Bonn, dem Oberbergischen und Aachen. Köln wäre nicht Millionenstadt, wenn nicht täglich an die 300.000 EinwohnerInnen pendelten. Dementsprechend ist die DB-Strecke Köln-Düsseldorf die meistbefahrene in Deutschland. „Heute ist die Region das Veedel, aber ein europäisches“, sagt deshalb Reimar Molitor, der Geschäftsführer der Regionale 2010.

KIRCHTURMDENKEN

Für die Bürger mag das stimmen, die Politik ist da deutlich konservativer. Für sie zählt der eigene Kirchturm deutlich mehr. Politik in und für die Region ist allenfalls Nebensache. Regionale Konflikte werden wie lokale Angelegenheiten behandelt. Das Beispiel Köln. Bei der Auseinandersetzung, ob und wie die Städtischen Bühnen abgerissen, neu gebaut oder saniert werden sollten, stand der Denkmalschutz im Mittelpunkt der Kontroversen. Neuere kulturpolitische Konzepte für die Nutzung von Oper und Schauspiel wurden gar nicht behandelt. Die Finanzplanung jongliert mit ihren Zahlenkolonnen bis zum Jahr 2050, doch welches Publikum aus Stadt und Region die Spielstätten etwa im Jahr 2025 noch besuchen kann oder will, interessiert kaum jemanden: Nur wer baut, der bleibt. Das Beispiel Bonn. Hier sind eben die hochfliegenden Pläne für ein Festspielhaus gescheitert. Die Stadt ist pleite und kann die Folgekosten für den Konzertbetrieb nicht tragen. Die privaten Partner Telekom, Deutsche Post und die Postbank mochten in der Krise auch nicht mehr sponsern. Noch ärger lief es beim World Congress Center Bonn WCCB, bei dem die Stadt wie in einem Krimi internationalen Betrügern in die Hände fiel. Für das aufgeblasene Kongresscenter wurden schon 150 Millionen Euro in den Sand gesetzt – Ende nach oben offen. Auch ein paar Kilometer nordöstlich geht es ums dicke Geld. Die Nachbarstädte Siegburg und St. Augustin planen überdimensionierte Einkaufszentren, die sich gegenseitig die Kunden abjagen sollen. Mindestens eine Ruine ist schon programmiert.

REGIONALE NETZWERKE

Kommunalpolitiker mögen auf die eigene Stadt fixiert sein, kommunale Unternehmen agieren dagegen längst rational-regional. So hat netcologne seine Netze auch in Bonn, im Rhein-Sieg-Kreis, bis nach Aachen und entlang der Eifel geknüpft. Die Stadtsparkassen Köln und Bonn haben 2005 zur Sparkasse KölnBonn fusioniert. Die KVB fährt längst nicht mehr nur zwischen Nippes und Zollstock, sondern ist Teil des regionalen Verkehrsverbundes VRS. Bei einer Umfrage haben sich eben die Kunden des öffentlichen Nahverkehrs für ein einheitliches Tarifsystem in ganz NRW ausgesprochen. Es ist offensichtlich: Im Bereich der Daseinsvorsorge lassen sich viele Probleme nur regional bewältigen.

Schon früher half häufig die regionale Karte. Bonn wäre als zeitweilige Bundeshauptstadt ohne die „Metropole“ direkt nebenan nicht so erfolgreich gewesen. Das turbulente Köln war für das biedere Bonn Lebenselexier. Um ganz sicher zu gehen, überließen die Kölner den Bonnern sogar ihren vormaligen OB. Mit dem Umzug der Bundespolitik in die neue Hauptstadt Berlin geriet das eingespielte Verhältnis in die Bredouille, obwohl man doch immer noch mitten in Europa lag. Der reichlich bemessene Bonn/Berlin-Ausgleich (1,43 Milliarden Euro für Kultur, Wissenschaft und internationale Einrichtungen) mag zeitweise die Bedeutung des regionalen Raums verdrängt haben. Bonn empfand sich irgendwie als Teil des abgehobenen globalisierten Konferenzwesens, Köln pflegte wie immer den Traum von früherer Größe. Der 1992 der EU-Subventionen wegen gegründete Verein Region Köln/Bonn dümpelt vor sich hin. Nur wenn über regionale Strukturprogramme des Landes Fördermittel locken, verspüren auch Lokalpolitiker regionale Regungen. Jüngstes Beispiel: die Regionale 2010. Hier standen insgesamt 340 Millionen ins Haus. Damit wurden Projekte finanzierbar, für die in den klammen Stadtkassen schon das Geld fehlte. Was für Köln die Archäologische Zone, ist für Leverkusen die Neue Bahnstadt Opladen oder für Gummersbach die Umwandlung einer Kesselhausschmiede in ein Hochschul- und Technologie-Zentrum. Dass dort die Maschinentechniker der Fachhochschule Köln studieren, überrascht den Gummersbacher ebenso wie den Kölner. Dabei wären auch anderswo Kooperationen über die Gemeindegrenzen hinweg sinnvoll. Hürth und Köln zum Beispiel vermarkten bis heute die TV-Studios in Hürth und Ossendorf getrennt. Man könnte auch den Dom, die Brühler Schlösser und den Oberen Mittelrhein gemeinsam als UNESCO-Kulturerbe bewerben. Oder über eine Philharmonie KölnBonn nachdenken. Und sich Gedanken über eine Opern-Koop machen. Auch in Bonn muss da saniert werden. Kostenpunkt: mindestens 30 Millionen Euro.

PETER HANEMANN

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