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Letzte Runde

01. Juni 2010

Oder: Kölsch wird Marktführer - Magenbitter 06/10

Zur kölschen Identität gehören der Dom, der FC und das Kölsch. Um alle drei steht es nicht gut. Der Dom ist inzwischen Raumzeichen katholischen Missbrauchs, der FC bockt untertourig herum, und die Produktion des heimischen Obergärigen musste 2008 einen doppelt so großen Einbruch hinnehmen wie die deutschen Brauer insgesamt. Damit liegt Kölsch entschieden im Trend: Der Bierkonsum geht seit 1975, als mit 148 Litern pro Bundesbürger der Höhepunkt des industriegesellschaftlichen Suffs erreicht war, zurück und liegt jetzt bei 110 Litern. Die Brauereien haben mit allerlei Biermischgetränken, Öko-Bieren, Alkoholfreiem und Lifestyle-Werbung dagegengehalten. Es hat alles nichts genutzt. Kein Brauer glaubt mehr daran, dass es bei besserem Wetter zu besseren Zahlen kommt. Dass ungefähr um 2100 das letzte Bier in Deutschland getrunken wird, ist so sicher wie der Klimawandel.

Das alles lässt die Kölschbrauer kalt. Während es mit dem Bier insgesamt stetig und mit dem Kölsch schneller abwärts geht, machen sie sich eine Rechnung auf, die sie auf den letzten Metern nach vorne wirft. Weil nämlich Düsseldorfer Alt 2008 in NRW um acht Prozent zurückgegangen ist, ist der Marktanteil von Kölsch auf 16,4 Prozent hochgeschnellt. Und weil an Rhein und Ruhr gleichzeitig die großen Fernsehbiere Warsteiner, Krombacher, Bitburger und König jeweils über drei Prozent und damit stärker verloren haben als der Kölsch-Markt, könnten die Kölschen kurz vor 2100 die Marktführerschaft übernehmen – bei einem Ausstoß, der eben noch für das letzte Glas Bier reicht.

Sollte das Alt doch noch mal hochzischen, bleibt immer noch der Heimvorteil der kölschen Vielfalt – über 20 Marken sollen es noch sein. Damit der Anschein bleibt, braut die Kölner Verbund Brauerei in Mülheim immer noch Küppers, Sester und Ganser. Gaffel produziert immer noch Garde, Bürger und Richmodis – einst verbreitete Marken, die heute wie Geisterbiere erscheinen. Tatsächlich werden zu 60 Prozent Reissdorf, Gaffel und Früh getrunken. Tatsächlich auch kommt das Kölsch zu 90 Prozent aus gerade mal fünf Brauereien. Die mit größte ist die Verbund Brauerei, die zu Brau und Brunnen gehört und damit zu Oetker. In gewissem Sinne ist Oetker ein Familienbetrieb wie Reissdorf, Früh, Gaffel, die Malzmühle und Päffgen. Das letzte Kölsch allerdings wird – wetten dass! – in 90 Jahren bei Hellers getrunken.

Peter Hanemann

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